Der frühere VfB-Fan Peter Jackwerth gilt als großer Macher beim kommenden Gegner des VfB Stuttgart, dem FC Ingolstadt. Der Club sorgt nach dem Aufstieg für Furore.

Ingolstadt - Wenn der große Bruder zu Besuch kommt, kann es lustig werden. Die üblichen Scherze des Größeren muss der Jüngere aushalten, man kennt sich ja gut. Am 12. September 2015 trafen sich zwei Brüder der Bundesliga im Stadion des FC Ingolstadt. Der Große, der VfL Wolfsburg (im 100-prozentigen Besitz des Autoproduzenten Volkswagen) – und der Kleine, der FC Ingolstadt (19,94 der Fußball GmbH hält die VW-Tochter Audi). Die Frotzeleien ließen nicht lange auf sich warten. „Wenn wir wollen, lagern wir euch aus“, schallte es aus dem Wolfsburger Fanblock durch die Arena. Wer heute – einen Abgasskandal später – wen ausgliedert, ist inzwischen nicht mehr so klar

 

In der Tabelle steht der Kleine (Ingolstadt/6.) derzeit jedenfalls vor dem Großen (Wolfsburg/9.). Die Schadenfreude in der 130 000 Einwohnerstadt an der Donau hält sich in Grenzen, schließlich könnte der oberbayrische Club – zumindest am Rande – mit in den Sog der Sparmaßnahmen gerissen werden, die der Abgasskandal auslöst. Außerdem ist man in Ingolstadt gerne anders und kein Werksclub.

18 Millionen Euro müssen reichen

Das zeigt sich auf dem Trikot der Ingolstädter, von dem das Audi-Emblem verschwunden ist, ersetzt durch das eines Elektromarkts. Die Veränderung auf der Trikotbrust war Teil einer vom Verein initiierten Imagekampagne, um die leidige Werksclubdebatte wenigstens etwas zu entschärfen. Ganz losgeworden ist sie der FCI nicht, obwohl deutschen Autobauern in nächster Zeit kein wahnwitziges Engagement im Fußball mehr zugetraut wird.

„Ich gehe davon aus, dass sich die nächsten Jahre in Ingolstadt wenig verändert. Wir haben bestehende Verträge mit Audi“, sagt FCI-Manager und Ex-Bayern-Profi Thomas Linke, der mit einem Etat von 18 Millionen Euro auskommen muss. „Was darüber hinaus geschieht, kann ich nicht beurteilen.“ Was bedeutet, dass der FC Ingolstadt nach dem ersten Aufstieg der Vereinsgeschichte in der Gegenwart lebt.

Jackwerth pendelt zwischen Ingolstadt und Mallorca

Das Fußball-Märchen von Ingolstadt hat tatsächlich andere Wurzeln, nämlich schwäbische. Peter Jackwerth, wie Gerd Müller in Nördlingen geboren, als ehemaligen VfB-Hooligan zu bezeichnen wäre zu weit gegriffen, aber der Vereinschef hat als Jugendlicher nicht nur beim VfB Stuttgart gekickt, sondern „in der Cannstatter Kurve für den VfB getobt und geschrien“ (Jackwerth). Vielflieger, gelernter Werkzeugmacher, Self-Made-Unternehmer (eine inzwischen verkaufte Zeitarbeitsfirma in Ingolstadt) und Millionär – Jackwerth pendelt heute zwischen Ingolstadt und seinem Wohnsitz auf Mallorca.

Seine Fußballträume sind heute andere als damals in der Cannstatter Kurve. Der größte ging mit dem Aufstieg 2014/2015 schon in Erfüllung. 2004 betrieb Jackwerth die Fusion der Vereine MTV und ESV zum FC, um Kräfte zu bündeln – und steckte Geld in sein neues Baby, bevor Audi 2006 seine Anteile erwarb. Elf Jahre später kam der FCI in der Bundesliga an – und der 2004 noch belächelte Jackwerth sagt: „Der Weg, den wir gegangen sind, ist einmalig und kaum wiederholbar“.

Ein unangenehmer Gegner

Die besondere Freude am Erstliga-Dasein, so die Selbsteinschätzung der Bayern und ihres schwäbischen Chefs, könne man gut auf dem Rasen sehen. Vor allem seit Ralph Hasenhüttl (von 2011 bis 2013 Trainer beim VfR Aalen) engagiert wurde. Heute ist er mit seinem Team bei vier Siegen und 14 Punkten in Richtung Klassenverbleib (fünf Spiele zu Null) unterwegs.

Der FCI gilt als unangenehmer Gegner, der auf Laufarbeit, Pressing und auf die Helden des Aufstieges in seiner Startelf setzt. Nicht nur Manager Linke glaubt deshalb: „Es ist uns gelungen, das Selbstvertrauen des Aufstieges mitzunehmen.“