Das Restaurant Heuss am Killesberg startet am Freitag offiziell. Wir stellen den Gastgeber Christian List vor, der in der Stuttgarter Gastro- und Clubszene kein Unbekannter ist.

Stuttgart - Vom früheren Club Prag sind es nur ein paar Hundert Meter zum neuen Heuss am Killesberg. Dazwischen liegen Welten. Hier der einstige Techno-Schuppen, dort das schicke Restaurant in I-a-Parklage. Dazwischen liegt auch eine steile Karriere: Christian List hat als Partyveranstalter angefangen, heute ist er Herr über etliche Lokale, versorgt die Besucher der Staatstheater, hat eine Eventagentur. Und am 14. Juli startet er im insolventen ehemaligen Scholz am Park neu durch.

 

„Das Scholz war mein Lieblingslokal. Ich war mit der Familie oft dort“, erzählt List. Drei Partner hat er sich an Bord geholt, alles Stammgäste wie er, René Marius Köhler, Feliks Eyser und Timo Weltner. Er selbst bezeichnet sich als „gastronomischen Kopf“ der Unternehmung. Den Namen hat er geändert, am Interieur aber wenig. „Warum auch, meine Vorgänger haben ein tolles Vermächtnis hinterlassen.“ Allerdings kam die Rotisserie raus, denn bei Göckele dächten die Gäste an den Wasen – und damit sei die Preisschranke im Kopf verankert. „Was nutzt mir das edle Bio-Huhn, wenn’s keiner bezahlt? Der Wareneinsatz muss stimmen“, sagt List.

Das klingt nach kühlem Rechner – eine eher seltene Spezies in der Gastrobranche. Christian List mischt bei vielen Projekten mit, ist in der Stadt bestens vernetzt, bleibt in der Szene aber dezent im Hintergrund. Was ist das für ein Typ?

Wir treffen uns mittags im Roten Hirsch am Marktplatz von Bad Cannstatt, um dieser Frage bei reichlich Mineralwasser nachzugehen. Während des Gesprächs schaut die Familie vorbei, erst die Tochter, sie isst die Linsen und Spätzle, der Papa erbarmt sich der Saiten, dann die Frau und später auch kurz der Sohn. Man wohnt ja nicht weit.

Christian List ist stellvertetender Oberkübler

Christian List ist ein echter Cannstatter und hat inzwischen das höchste demokratisch erreichbare Amt bei den Felben erreicht: Er ist stellvertretender Oberkübler. Oberkübler ist sein Freund Steffen Kauderer. „Dieses Amt erbt man“, scherzt List. Außerdem fehle ihm für die Auftritte auf der Bühne das Spontane. „Da bin ich viel zu akribisch, ich schreib lieber die Reden.“

Wobei wir bei seiner akademischen Laufbahn sind. „Ich hab’ Abitur“, sagt List und grinst. Während des BWL-Studiums beginnt er mit „Catch the Bus“, einer Linie von Club zu Club, später entsteht die Idee zur Langen Nacht der Museen. „Ich hab den Drang zum Organisieren.“ Dann wird die Lagerhalle des Vaters am Pragsattel leer und er, der zuvor nur vor der Theke unterwegs war, baut sie ein Jahr lang zum Club um. Das ist gut 20 Jahre her, zu den Hochzeiten von Paul’s Boutique, Radio-Bar und Zapata.

Es folgen ein kurzer Ausflug in die Manufaktur nach Schorndorf, dann der Stadtstrand am Neckarufer, das Houston im Charlottenhochhaus, das Cantina, die Staatstheater-Gastronomie, das VfB-Restaurant 1893, der Rote Hirsch, die Weindorf-Laube, teilweise mit dem Geschäftspartner Axel Scholz. Der Club Prag, in einem Husarenstück umgezogen ins frühere M1, heißt inzwischen Lehmann und gehört weiter zum Portfolio, auch wenn der „Disco-Opa“ (List über List) dort schon lange nicht mehr war.

Er sieht sich folgerichtig mehr als Gastromanager denn als Wirt. So schaut der Chef von rund 80 Mitarbeitern auch aus, im weißen Hemd und mit dem schwarzen Brillengestell. „Ein Tablett mit einer Hand tragen kann ich bis heute nicht.“ Dafür sieht er, dass die Vasen auf dem Tisch verschmiert sind, und gibt seinem Personal einen Wink. „Ich bin ein Pedant.“ An seiner Bürowand steht der Spruch „Können. Wollen. Werden“. Er schreibt seine Speisekarten selbst. Grafik, Einrichtung, Werbung für seine Restaurants entstehen in der eigenen Agentur. Denn: „Ich bin am Ende der, der das Schiff lenkt.“ Da kann Kontrolle nicht schaden.

Die Zukunft liegt in der Systemgastronomie

Kochen lässt er allerdings lieber andere, dafür weiß er genau, was ihm (und den Gästen) schmeckt. List hat mit den Jahren auch herausgefunden, warum gerade in der Gastronomie die Reaktionen oft heftig ausfallen: „Es liegt am Unterzucker.“ Die Gäste kämen hungrig ins Restaurant, da müsse das Essen schnell auf den Tisch. „Wenn man Kohldampf hat, dann ist man nicht entspannt. Damit kämpfen wir.“

Die Zukunft sieht List, auch wenn es ihn ärgert, in der Systemgastronomie. Denn hier ließen sich durch einen zentralen Einkauf, genormte Gerichte und einen detailliert strukturierten Ablauf Fehler minimieren. „Da kann ich auch eine ungelernte Kraft in die Küche stellen.“ Für individuelle Restaurants wie seine sei es dagegen immer schwerer, gutes Personal zu finden. „Der leer gefegte Arbeitsmarkt ist für uns eine Riesenherausforderung.“ In absehbarer Zukunft könne es dem Gast auch in Stuttgart passieren, dass der Kellner nur Englisch spreche, prophezeit er. In Frankfurt oder Berlin sei das schon teilweise der Fall.

Die Mittagszeit ist vorüber, die letzten Gäste haben den Roten Hirsch verlassen. List muss auch los zu einem Geschäftstermin. Es geht um ein weiteres Restaurant, das er übernehmen möchte. In Esslingen, so viel verrät er. „Und dann ist auch erst mal gut.“