Das Coronavirus wirkt auf dem Ausbildungsmarkt nach. Während sich das KfZ-Gewerbe über regen Zulauf freut, fehlt es in der Gastronomie an Bewerbern.

Anfang November ziehen die Agenturen für Arbeit Bilanz zum zurückliegenden Berufsberatungsjahr. „Das erste Jahr nach Corona liegt hinter uns. Ausläufer der Pandemie spürten unsere Beraterinnen und Berater trotzdem noch“, zieht der Stuttgarter Arbeitsagentur-Chef Gunnar Schwab Bilanz, der auch für den Landkreis Böblingen zuständig ist. Corona wirke in mehrfacher Hinsicht nach.

 

„Auffällig war, dass die Schülerinnen und Schüler der Entlassklassen zu einem Jahrgang gehörten, die wenig bis keine Praktika in die Waagschale werfen konnten. Aufgrund von Homeschooling und Unterrichtsausfällen waren außerdem die Noten sichtbar schlechter als in den Vorjahren“, berichtet Schwab. Auf der anderen Seite habe man festgestellt, dass sich die Betriebe darauf teilweise eingestellt oder eingelassen hätten. So waren Arbeitgeber eher bereit, bei ihren Anforderungen Abstriche zu machen, was letztlich beiden Seiten zugutekam.

Im Berufsberatungsjahr 2022/23 habe die Zahl der ausgeschriebenen Ausbildungsstellen im Landkreis Böblingen bei exakt 2000 gelegen und damit leicht über dem Vorjahr. Insgesamt 1965 Bewerberinnen und Bewerber hätten sich für eine Ausbildungsvermittlung im Landkreis registrieren lassen – auch das ein leichtes Plus zu 2021. Was nach einer guten Passung aussieht, erweist sich bei näherer Betrachtung aber als weniger rosig. Denn bis Ende September hätten lediglich 931 Bewerber im Kreis Böblingen eine Berufsausbildung begonnen, das seien 26 weniger als im Vorjahr, heißt es weiter.

Darunter waren sowohl Ausbildungsverhältnisse, die bis zu einem Jahr vor Beginn vertraglich unter Dach und Fach waren, als auch kurzfristig abgeschlossene Ausbildungsverträge am Ende der Sommerferien. Interessant und auffällig war der Oktober: Da schlossen nochmal deutlich mehr Azubis und Unternehmen Verträge ab als in den Vorjahren um diese Zeit, auch im Vergleich zu den Vor-Corona-Jahren.

Berufswünsche passen nicht auf Angebot

Allerdings passen die Berufswünsche der Jugendlichen oft nicht mit den angebotenen Berufen zusammen. Dafür gebe es eine Reihe von Gründen, sagt Schwab. So interessierten sich viele Bewerber für Kfz-, Verwaltungs- oder Büroberufe. Ausbildungsstellen im Bereich Lebensmittel, im Hotel- und Gaststättenbereich oder in Handwerksberufen sind weniger beliebt und bleiben eher unbesetzt.

Die Liste der zehn beliebtesten Berufe habe sich in diesem Jahr nur wenig verändert. Bei den männlichen Bewerbern steht im Kreis Böblingen nach wie vor der Kfz-Mechatroniker auf Platz eins. Auch der Fachinformatiker steht hoch im Kurs – er ist in der Rangliste mit beiden Fachrichtungen (Anwendungsentwicklung und Systemintegration) vertreten. Anders bei den Frauen: Bei ihnen taucht das Berufsbild erst gar nicht unter den zehn beliebtesten Berufen auf.

Sie geben als ersten Berufswunsch die Bürokauffrau an. Auf Platz zwei landet zwar die medizinische Fachangestellte. Trotzdem könne der Bedarf der Praxen nicht gedeckt werden, sagt die Agentur. Überhaupt könnten immer mehr Ausbildungsstellen nicht besetzt werden. Denn leider stimmten Angebot und Nachfrage oft nicht überein, sagt Gunnar Schwab.

Dabei spiele auch eine Rolle, dass die Schülerinnen und Schüler beim Erwerb ihres Abschlusses im Laufe der letzten Jahre immer jünger wurden, was mit einem breiteren Alterskorridor bei der Einschulung und zum Teil auch mit der Verkürzung von G9 auf G8 zusammenhinge.