Die geplante Fusion von Tuifly und Teilen Air Berlins führt weiterhin zu zahlreichen Flugausfällen. Viele Crews melden sich krank vom Flugbetrieb ab. Arbeitsrechtler warnen Gewerkschaft und Beschäftigte vor der Unrechtmäßigkeit von „wilden Streiks“.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Bei den Fluggesellschaften Tuifly und Air Berlin eskaliert die Auseinandersetzung, weil Piloten und Flugbegleiter zwar nicht offiziell streiken, sich jedoch in großer Zahl kurzfristig krankgemeldet haben. Deswegen wurden von 110 vorgesehenen Flügen an die 50 ersatzlos gestrichen. Auch die Flughäfen Stuttgart und Baden-Baden waren davon betroffen.

 

Massenhafte Krankmeldungen sind ein neues Phänomen, doch gab es einen prominenten Präzedenzfall: Im November 2015 hatten sich vor und während des großen Streiks der Unabhängigen Flugbegleiter Organisation (Ufo) bei der Lufthansa etwa 1000 Kabinenkräfte abgemeldet. Nur wenige Hundert streikten offiziell. Für eine Gewerkschaft hat dies den Vorteil, dass sie kein Streikgeld auszahlen muss – während der Mitarbeiter wegen der Lohnfortzahlung seine vollen Bezüge erhält.

„Stillschweigend einvernehmliche Krankmeldungen“

Allerdings begibt sich die Arbeitnehmerseite damit auf rechtlich fragwürdiges Terrain. Sie setzt sich dem Verdacht aus, kollektive Krankschreibungen zu inszenieren: „Wenn sich massenweise Leute krank melden, liegt es auf der Hand, dass sie es in Wahrheit nicht sind“, sagte der renommierte Stuttgarter Arbeitsrechtler Jobst-Hubertus Bauer dieser Zeitung. Folglich könnte es sich um „wilde Streiks“ handeln. Generell sind „stillschweigend einvernehmliche Krankmeldungen unrechtmäßig“. Teilnehmer könnten abgemahnt, vielleicht sogar fristlos gekündigt werden, weil es sich dann um Arbeitsverweigerung handelte. Zudem könnten der Betriebsrat oder die Gewerkschaft bei einem entsprechenden Nachweis, dass sie dazu aufgerufen hätten, auf Unterlassung und Schadenersatz verklagt werden.