In einem Buch verrät Jochen Fischer seine liebsten Ziele im Schwäbischen Wald. Der Autor verspricht Geschichten fürs Herz von Land und Leuten.

Rusdersberg - Schluchten, die im Schwarzwald nicht wilder und romantischer, Hochebenen, die auf der Schwäbischen Alb nicht weitläufiger und schöner sowie steile Berghänge, die im Allgäu nicht postkartenmotivmäßiger sein könnten“ – jawohl, schon in seinem Vorwort für die „55 Gründe, den Schwäbischen Wald zu lieben“, macht Jochen Fischer ein vergleichsweise mächtiges Fass auf. Und hat natürlich ziemlich gute Gründe dafür. Denn eines ist auch klar: So kompakt wie im größten zusammenhängenden Waldgebiet in Württemberg und zusätzlich so nah an dicht besiedelten Regionen wie Stuttgart, Heilbronn oder Schwäbisch Hall gibt es eine derartige Vielfalt an Zielen für Ausflug, Entspannung und Landschaftsabenteuer kaum irgendwo.

 

Es menschelt zwischen Schluchten und Burgen

Was dann auch das Buch mit den 55 Liebeserklärungen an den – korrekterweise – Schwäbisch-Fränkischen Wald bis hinüber gen Adolzfurt, Michelfeld oder Gschwend – richtig lesenswert macht, das sind die Geschichten zu den Leuten in dortigen Landen – es menschelt einfach zwischen Schluchten und Burgen, an Seeufern und unterm Aussichtsturm.

Nehmen wir einfach mal den Drogisten und Werbetexter, Laienprediger und Abstinenzler Georg Kropp in Wüstenrot (Kreis Heilbronn) am Rand des Mainhardter Waldes. Der hat dort oben mit einfachster schwäbischer Wirtschaftslogik das Bausparen erfunden – das gemeinsame Sparen fürs Eigenheim zum Wohle aller. Und das in einer Zeit, als die Inflation durch Deutschland galoppierte. Im Haus der Familie Kropp in der Haller Straße 3 findet sich heute noch das Wüstenrot Museum, auch wenn die Firmenzentrale schon anno 1928 nach Ludwigsburg ausgewandert ist. Das Häusle des allerersten Sparers ist – abgesehen von spektakulären Wanderstrecken zum Beispiel in Richtung Spiegelberg oder Juxkopfturm – dort ebenso noch zu bewundern wie Kropps selbst ersparte und 1926/27 erbaute schmucke Villa.

Der Silberrausch von Großerlach

Ein paar Täler weiter war es anno 1772 der Silberrausch, der einige Menschen im heutigen Großerlach in Wallung brachte. Drei Bauern hatten beim Brunnenbau eine bläulich glänzende Gesteinsschicht entdeckt. Ein dubioser Bergrat, der Silbergehalt vermutete, und ein leicht spiritistisch angehauchter Pfarrer machten sich auf die Suche nach Investoren. 40 Meter tief wurde der erste Stollen in den Berg getrieben, die zwei weiteren seit 2001 teils wieder begehbaren Gänge bis zu 135 Meter – aber Silber wurde nicht gefunden. Einer derer, die als Anleger ihr Geld komplett verloren haben, war übrigens Johann Kaspar Schiller, der Vater des Dichterfürsten Friedrich Schiller.

In Seibertshofen, östlich von Gschwend (Ostalbkreis), residiert das Museum Kiemele. Es gleicht, sagen manche, einem gigantischen Schrottplatz. Was wiederum mit Eugen Kiemele zu tun hat, einer echten Kultfigur der südwestdeutschen Trödel- und Traktorenszene. Sein Herz schlägt schon immer für alles, was fährt oder fliegt. Beeindruckend ist vor allem seine Sammlung von Traktoren und anderen landwirtschaftlichen Maschinen. Lanz-Traktoren, Vespa-Roller, aber auch Ritterrüstungen und ausrangierte Kampfpanzer oder ein Wachturm der Zonengrenze finden sich unter den Devotionalien auf rund 9000 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Und Kiemele weiß natürlich zu jedem Stück in der furiosen Sammlung eine ganz besondere Geschichte zu erzählen. Eines der Stücke, um die es laut Eugen Kiemele echt schade gewesen wäre, ist eine 60 Meter lange Eisenbrücke, die einst die Bahngleise in Obertürkheim überspannt hat.

Jochen Fischer: 55 Gründe, den Schwäbischen Wald zu lieben, Silberburg. 14,99 Euro.