In Stuttgart erhalten Familien, die im Mai vom Kitastreik betroffen waren, im Juli 60 Prozent der Gebühren von der Stadt zurück – freiwillig. Das hat der Verwaltungsausschuss einmütig beschlossen.

Die Tarifauseinandersetzungen im Sozial- und Erziehungsdienst sind noch nicht vorbei. Und ob die derzeit laufende Schlichtung zum Erfolg führt, ist noch offen. Doch der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats hat am Mittwoch einmütig beschlossen, den Eltern die Gebühr für die durch die Streiktage ausgefallene Betreuung wie bereits in früheren Jahren zurückzuerstatten – freiwillig. Konkret verzichtet die Stadt im Juli bei Familien in den bestreikten Einrichtungen auf 60 Prozent der Gebühren.

 

Dies bedeutet für die Stadt einerseits Einnahmeverluste in Höhe von 690 000 Euro. Auf der anderen Seite ist es haushaltsneutral, da durch die streikenden städtischen Mitarbeiter in diesem Zeitraum auch keine Personalkosten angefallen sind. In Stuttgart wurden die 185 Kitas, 13 Schülerhäuser und zwei Ganztagsschulen in unterschiedlichem Umfang bestreikt, somit konnte das Jugendamt den betroffenen Familien zwischen dem 19. und 28. Mai keine Betreuung anbieten.

Bürgermeister kritisiert Demos während der Schlichtung

„Wir hoffen nicht, dass es weitere Streiks gibt und setzen sehr darauf, dass die Schlichtung zum Erfolg führt“, sagte Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) im Verwaltungsausschuss. Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) kritisierte, dass die Gewerkschaften trotz Friedenspflicht zu Demonstrationen aufriefen, wie am Dienstag geschehen (wir haben berichtet). Falls es zu weiteren Streiktagen komme, werde die Stadt die Erstattung für die Eltern analog regeln, kündigte Föll an.

Auch die Fraktionen sind sich über diese Vorgehensweise einig. Es sei „gut, dass wir diesen Weg gehen“, sagte Iris Ripsam (CDU). Die Eltern seien „eh schon gebeutelt, weil sie Ersatz bei der Betreuung für ihre Kinder suchen mussten“. Allerdings habe sich bei den Eltern offenbar eine andere Anspruchshaltung eingestellt: „Früher waren sie froh, dass sie die Erstattung gekriegt haben, heute fordern sie sie.“ Laut Sozialreferat haben aufgrund der Streiktage deutlich mehr als 100 Eltern ihre bereits bezahlten Gebühren zurückgefordert oder Widerspruch gegen die Gebührenbescheide des Jugendamts eingelegt.

Streit um potenzielle Mehrkosten für die Stadt

Rose von Stein (Freie Wähler) fand es allerdings „ärgerlich, dass man jetzt den Eltern Geld zurückgeben muss“. Hannes Rockenbauch (SÖS-Linke-Plus) hingegen betonte: „Wir halten den Streik für absolut berechtigt.“ Er halte jedoch die von Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle genannte Summe von 25 Millionen Euro, die die von Gewerkschafts- und Arbeitnehmerseite geforderte Aufwertung der Sozialberufe die Stadt zusätzlich kosten würde, für falsch. Unterstützung erhielt Rockenbauch vom Personalratsvorsitzenden Markus Freitag. Dieser forderte eine differenzierte Aufstellung dieser Kosten, damit nicht der Eindruck suggeriert werde, als ob die städtischen Beschäftigen diese Summe erhielten – das sei „Stimmungsmache gegen die Interessen der Beschäftigten“.

Wölfle erklärte, dass in den 25 Millionen auch die Kosten für die freien Träger eingerechnet seien, deren Förderung die Stadt wie bisher auch übernehmen werde. Föll ergänzte, die Stadt werde nicht durch eine Kürzung dieser Förderung gegensteuern – „das ist nicht die Haltung der Stadt“.