Wegen des Pilotenstreiks bei Ryanair fallen hierzulande 250 Flüge aus – auch der Flughafen Stuttgart ist betroffen. Nur noch in Baden-Baden geht etwas. Den Passagieren will die Billig-Airline kostenlose Umbuchungen anbieten.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Wegen eines Pilotenstreiks streicht Ryanair am Freitag rund 400 Flüge, darunter 250 von und nach Deutschland. Betroffen seien europaweit 55 000 Passagiere, sagte Ryanair-Marketingchef Kenny Jacobs am Mittwoch in Frankfurt. Auch vier Flüge zwischen Stuttgart und Dublin/Manchester fallen aus. Der einzige deutsche Airport, an dem am Freitag Ryanair-Maschinen starten, ist Baden-Baden. Dort wollten die Piloten den Arbeitskampf nicht unterstützen, teilte die Fluggesellschaft mit. Wenige Stunden zuvor hatte die Pilotengewerkschaft Cockpit zu einem 24-stündigen Streik aufgerufen, der am Freitag um 3.01 Uhr beginnen und in der Nacht zum Samstag enden soll.

 

Den von den Flugausfällen betroffenen Passagieren werde per E-Mail und SMS eine kostenlose Umbuchung angeboten, teilte Ryanair mit. Über Ersatzflüge oder eine Erstattung des Ticketpreises hinausgehende Entschädigungen lehnt Ryanair ab, weil die Streiks „außerhalb der Kontrolle“ der Gesellschaft lägen. Denn ein Teil der Maschinen, die in Deutschland am Boden bleiben, stehen dann an anderen Flughäfen nicht zur Verfügung. Laut Ryanair wurden alle betroffenen Passagiere allerdings schon vergangene Woche per Mail über den drohenden Streik informiert, so dass die Umbuchungen zum Teil schon erfolgt seien.

Ryanair kritisiert die Gewerkschaft Cockpit scharf

„Wir entschuldigen uns bei den Fluggästen. Wir hassen es, Verbindungen streichen zu müssen“, sagte Ryanair-Manager Jacobs. „Dieser Streik ist unnötig.“ Er kritisierte die deutsche Pilotengewerkschaft Cockpit scharf dafür, dass sie den Ausstand erst am Mittwoch ankündigte. In Irland, Belgien und Schweden hatten die Piloten schon früher dazu aufgerufen, am Freitag die Arbeit niederzulegen.

Dass das irische Unternehmen dennoch schon vergangene Woche auch deutsche Fluggäste vor einem drohenden Streik warnte, begründete der an den Verhandlungen mit Cockpit beteiligte Ryanair-Manager Peter Bellew mit dem Auftreten der Gewerkschafter bei der letzten Gesprächsrunde. „Es war eindeutig für mich, dass sie streiken wollten. Vielleicht gehört das einfach zum Drehbuch“, mutmaßte der Ire. Cockpit verhandelt mit Ryanair seit über einem halben Jahr über den Abschluss eines Tarifvertrags. Bislang verfügen die 480 deutschen Piloten der Airline über keinen solchen Vertrag. Erst im Dezember hatte sich das Unternehmen überhaupt bereit erklärt, mit Gewerkschaften zu verhandeln.

Cockpit dringt auf bessere Arbeitsbedingungen

Cockpit wirft Ryanair vor, sich nur auf einen Tarifvertrag einlassen zu wollen, der den Status quo festschreibe. Nötig sei aber eine „Verbesserung der Vergütungs- und Arbeitsbedingungen“. Die Festgehälter der Ryanair-Piloten seien im Vergleich zu Wettbewerbern wie Tuifly zu niedrig. Ryanair weist demgegenüber darauf hin, dass die Bezüge der deutschen Piloten schon zu Jahresbeginn um 20 Prozent erhöht worden seien. Rechne man Festgehalt und Bonuszahlungen zusammen, so erhalte ein Flugkapitän bei Ryanair durchschnittlich 150 000 Euro brutto im Jahr. Das sei fast ein Drittel mehr als bei der Lufthansa-Billigtochter Eurowings. Cockpit hält dem entgegen, bei Eurowings kämen Pensionszahlungen hinzu. Überdies müssten Ryanair-Piloten mehr Steuern zahlen, weil ihre Einkommensteuer unabhängig vom Beschäftigungsort am Sitz des Unternehmens in Irland anfällt.

Die Gewerkschaft verlangt zudem eine Verminderung der Arbeitszeit der Piloten. Versetzungen sollten nur noch mit deren Einverständnis erfolgen, forderte Cockpit-Tarifexperte Ingolf Schumacher – erst kürzlich hatte Ryanair streikenden Piloten in Irland mit der Verlegung von Flugzeug-Basen nach Polen gedroht. Ähnliche Töne habe die Fluggesellschaft auch in ihrem letzten Schreiben an Cockpit anklingen lassen, sagte Schumacher. Ryanair-Manager Bellew erklärte dazu: „Wir wollen hier in Deutschland keine Basis schließen, wir planen es auch nicht, aber wenn unser Geschäftsmodell beschädigt wird, könnte es dazu kommen. Das haben wir auch so geschrieben.“

Reiserecht-Experten kritisierten Ryanairs Weigerung, den von Streiks betroffenen Fluggästen eine Entschädigung etwa für die Verspätungen zu zahlen, die durch einen Ersatzflug anfallen können. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte erst im April zu einer Klage gegen TUIfly erklärt, ein Streik enthebe die Fluggesellschaft nicht automatisch der Verpflichtung, ihre Passagiere für Flugausfälle zu entschädigen. Dies müsse vielmehr in jedem Einzelfall geprüft werden.