Das neue Jahrbuch der Stadt Backnang erzählt von den illustren Gästen im Großaspacher Lamm, aber auch von Backnanger Zwangsarbeitern, die im KZ umgebracht wurden.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Der Präsident geht jetzt hoim, aber dr Heuss trenkt no a Viertele.“ Das war offenbar einer der Lieblingssprüche des Bundespräsidenten Theodor Heuss zu vorgerückter Stunde im Großaspacher Gasthaus Lamm. Heuss zählte schon zu seiner Zeit als Landesminister und als Professor an der Technischen Hochschule Stuttgart zu den illustren Stammgästen des Lokals in der schwäbischen Provinz bei Backnang. Auch während seiner Präsidentschaft von 1949 bis 1959 kam Theodor Heuss oft und gerne zum Essen und zum Trinken ins Lamm. Wenn sich der Herr Präsident ganz besonders wohl fühlte, dann, so erzählt man sich noch heute, habe Heuss seine Jacke über die Stuhllehne gehängt und eben diesen einen Satz gesagt, vom Präsidenten, der jetzt heim gehe.

 

Während des Zweiten Weltkrieg hat einmal sogar der japanische Botschafter Oshima Hiroshi Station im Lamm gemacht. Die Aufregung sei groß gewesen, heißt es in einem Aufsatz über die Gaststube und die mitunter prominenten Gäste – der Text ist jetzt im soeben erschienenen Backnanger Jahrbuch 2012 nachzulesen. Die Erinnerungen von Gertrud Ohrnberger, der Tochter des Lammwirts Friedrich Michelfelder, sind von Dorothea Bödeker aufgeschrieben worden. Kurz vor der Stippvisite des Botschafters während des Kriegs seien alle Räume im Lamm nach Sprengstoff abgesucht worden. Es habe viele Auflagen der Behörden gegeben: beispielsweise die Anweisung, keine Pilze zu servieren – wegen einer möglichen Vergiftungsgefahr. Einzig Angehörige der Wirtsfamilie durften die exotischen Gäste bedienen. Zudem mussten unmittelbar vor dem Eintreffen des hohen Besuchs alle Misthaufen im Flecken mit Tannenreisig abgedeckt werden.

Während der 50er-Jahre war Fritz Leonhardt, der Vater des Stuttgarter Fernsehturms, oft Gast im Großaspacher Lamm. Einmal, heißt es in den Erinnerungen von Gertrud Ohrnberger, sollten neue Vorhänge für die Gaststube bestellt werden. Die Stoffmuster lagen auf den Tischen, und Professor Leonhardt, der zufällig auch da war, habe sofort für ein „strenges Karo“ plädiert. „Uns würde zwar ein freundliches Muster eher zusagen, aber wir widersprechen dem großen Meister nicht.“ Nun wissen die Gäste von anno dazumal endlich, warum es im Lamm karierte Vorhände gab.

Die Wirtin erinnert sich auch an „viele glückliche und bewegende Abende mit dem berühmten Heldentenor“ und Kammersänger der Stuttgarter Staatsoper, Wolfgang Windgassen. „Unsere Gäste kennen und bewundern ihn.“ Von vielen Damen angehimmelt sei er mitunter bestens gelaunt aufgesprungen und habe mit ausgebreiteten Armen gerufen: „Das Spiel kann beginnen.“ Die ganz große Zeit des Lamms ist wohl vorbei, fast wäre es für immer geschlossen worden. Doch dann kam der Allmersbacher Unternehmer Harro Höfliger ins Spiel. Er kaufte sein Lieblingslokal und ließ es aufwendig sanieren. Ihm sei es zu verdanken, dass das Lamm auch künftig baulich wie kulinarisch „ein Aushängeschild für die Gemeinde Aspach ist“, schreiben die Herausgeber des Jahrbuchs, Gerhard Fritz und Bernhard Trefz im Vorwort.