Die Stadt feiert sich und ihren 950-jähriges Bestehen – mit dem Freiluftstück „Judith von Backnang“. Die Proben des Bandhaus-Theaters laufen auf Hochtouren. Unser Fotograf hat einige Impressionen eingefangen.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Ein Mann spickt über die Mauer, er zieht Grimassen, guckt erstaunt. Winkt ab. Posiert. Steht auf – und verschwindet wieder hinter der Mauer. Der erste Auftritt von Bertschi auf dem Freithof hinter der imposanten Backnanger Stiftskirche. Bertschi, gespielt von Ulrich Zentner, mimt im neuen Stück „Judith von Backnang“ des Bandhaus-Theaters den Diener des Markgrafens Hermann von Baden. Die Proben laufen seit ein paar Wochen auf Hochtouren. Premiere des Stücks, mit dem Backnang sich und den 950. Geburtstags der Stadt feiert, ist am 7. Juli.

 

Als Bertschi verschwunden ist, taucht Lieblinde (Leslie Röhm) auf, die Dienerin der Judith von Backnang. Lieblinde strahlt über das ganze Gesicht. Sie wirft Kusshände, winkt, posiert. – Schnitt! Der Regisseur Michael Bleiziffer ruft das Duo zusammen, gibt ein paar Tipps, dann noch mal diese Eingangsszene des Stücks. Bertschi und Lieblinde necken sich, streiten ein bisschen. Wenig später streiten bei den Proben an diesem sonnig warmen Frühlingsvormittag dann der Architekt des Markgrafen und der Propst. Darf die kleine Kapelle abgerissen werden? Soll ein prunkvoller Neubau entstehen?

Ein Stück über die Suche nach Moral und nach Liebe

„Judith von Backnang“ ist ein Stück über die Suche nach Moral und die Suche nach Liebe. Das Bandhaus-Theater erzählt eine Jahrhunderte alte Geschichte. Die beiden Hauptakteure, Judith von Backnang (Alice Erk) und Hermann von Baden (Andreas Bittl), sind Persönlichkeiten, die einst tatsächlich in Backnang gelebt haben. Ihre Heirat war zunächst eine Zweckehe, sie sollte den sogenannten Investiturstreit zumindest eindämmen. Es ging um die heikle Frage: wer hat mehr Einfluss, die Kirche oder der König? Hermann ist königstreu. Judith hält zum Papst.

Keine Frage: am Anfang der Ehe knallt es. Doch später wird aus der arrangierten Beziehung wahre Liebe. Das Bandhaus-Ensemble spielt eine Liebesgeschichte mit Lokalkolorit, eigentlich sogar zwei Liebesgeschichten, die von Judith und Hermann sowie jene von den beiden Dienern. Wenn Lieblinde und Bertschi auftreten, dann geht es auch mal derb zur Sache. Jasmin Meindl vom Bandhaus-Theater und der Dramaturg Christian Muggenthaler haben das Stück geschrieben. Meindl verspricht auch komödiantisches Volkstheater. Die Lieblinde schwäbelt, und der Bertschi spricht Badisch.

Sechs Profischauspieler sowie die Mitglieder der Backnanger Laienspielgruppe gehören zum knapp 40-köpfigen Ensemble. Auf dem Freithof der Stiftskirche werden rund 400 Stühle stehen. Gespielt werde bei fast jedem Wetter, verspricht Jasmin Meindl, nur nicht bei Hagel oder heftigem Sturm. Es gebe ein paar Ausweichtermine.

„Kann man Frieden finden, wenn man dafür töten muss?“

Die nächste Szene wird geprobt. Der Architekt (István Vincze) und der Propst (Peter Clös) im Zwist. Die Burg, sagt der Architekt, brauche Mauern und Wälle, Waffen und Soldaten – um den Frieden zu verteidigen. „Gebete sind da nutzlos“, sagt der Mann. Der Geistliche widerspricht.

Das Stück, das im Mittelalter spielt, erklärt Jasmin Meindl, spreche auch aktuelle Fragen an. „Kann man Frieden finden, wenn man dafür töten muss?“ Der Regisseur Michael Bleiziffer sagt, einst hätten die Mächtigen sich gedacht: „Ich darf sündigen, ich gründe ein Kloster und lasse für mich beten.“ Ist das heute noch ähnlich?

In dem Stück spielt übrigens auch der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper mit. Der Schultes mimt Titus, den Krämer. Titus, sagt Jasmin Meindl und lacht herzhaft, sei „das Sprachrohr des Volkes“. Man könnte sagen: diese Figur ist topaktuell besetzt. Denn Frank Nopper gefällt sich mitunter in so einer Rolle als Lautsprecher der Bürgerschaft.

Termine: Das Stück „Judith von Backnang“ wird aufgeführt am 7., 8. und 9. Juli sowie am 8. und am 9. September. Die Karten kosten 27 beziehungsweise 32 Euro.