Der HBW Balingen-Weilstetten hat das Handball-Derby gegen Frisch Auf Göppingen 29:25 gewonnen – erstmals seit dreieinhalb Jahren. Deshalb bleibt der Bart des Spielmachers Benjamin Herth auch stehen.

Balingen - Der Bart von Benjamin Herth sprießt vorerst weiter. Damit war nicht unbedingt zu rechnen. Denn nachdem sich der Spielmacher des Handball-Bundesligisten HBW Balingen-Weilstetten vor einigen Wochen dazu entschloss, das wilde Gestrüpp in seinem Gesicht erst dann wieder zu bändigen, wenn sein Team verliert, hat ihm am Samstag ein Blick in die Statistik nahegelegt, den Rasierappart in die Sporttasche zu packen. Der Gegner hieß Frisch Auf Göppingen, und in diesem Derby lag der letzte HBW-Erfolg schon dreieinhalb Jahre zurück – bis Samstag. Mit 29:25 (13:13) feierte der Außenseiter in der erstmals in dieser Saison ausverkauften Balinger Sparkassen-Arena (2350 Zuschauer) den dritten Erfolg gegen Göppingen in sechs gemeinsamen Erstligajahren.

 

Diese Duelle taugten selten für spielerische Höhepunkte. Auch jetzt war in der ersten Hälfte die Fehlerquote auf beiden Seiten überdurchschnittlich hoch. Wobei die Konsequenzen für Göppingen einschneidender waren. Bei einer 12:9-Führung gelang Frisch Auf mit einem Mann mehr auf dem Feld kein Treffer und damit auch kein Vorsprung, der etwas Ruhe in das Spiel hätte bringen können. „Wir haben in der ersten Hälfte viel zu viele Fehler gemacht. Und man hat gesehen, dass das Überzahlspiel unsere Schwäche ist,“ sagte der Göppinger Trainer Velimir Petkovic.Schwachstellen gab es bei Frisch Auf noch mehr. So kamen die zuletzt angeschlagenen Rückraumspieler Momir Rnic und Zarko Markovic nicht in Fahrt, Tim Kneule und Daniel Fontaine wurden für ihren Kampfgeist nicht immer mit Toren belohnt, das Spiel mit dem Kreis und den Außen war kaum vorhanden. Das Zünglein an der Waage war indes die Deckungsarbeit des HBW. „Da haben wir viel Druck gemacht“, sagte der Trainer Rolf Brack, „das hatten wir uns auch vorgenommen.“ Die Balinger wechselten immer wieder zwischen zwei, drei Abwehrvarianten, was Frisch Auf vor Probleme stellte.

Geschwächt waren die Göppinger durch den Ausfall von Pavel Horak, der nach fünf Minuten umgeknickt war und nicht mehr spielte. Seine Durchsetzungskraft fehlte den Göppingern. „In der Abwehr zu passiv, im Angriff zu statisch. Katastrophal“, sagte der Frisch-Auf-Spielmacher Michel Haaß. Der Hilflosigkeit folgte die Fassungslosigkeit. Dabei sollte ein Sieg in Balingen Signalwirkung für den Aufwärtstrend haben. „Ich entschuldige mich für diese Leistung bei unseren Fans“, sagte Petkovic.Die Verunsicherung führte zu Ballverlusten, die den Balingern nach der Pause sieben Kontertore ermöglichten. „Damit haben wir Göppingen den Zahn gezogen“, sagte Herth, der mit acht Treffern der erfolgreichste Torschütze in diesem Spiel war. Über 18:15 (38.) und 26:21 (53.) baute der HBW, der die Verletzungen von Torhüter Matthias Puhle (Knie) und Fabian Gutbrod (Schulter) gut kompensierte, den Vorsprung aus. Und als Felix König (Brack: „Allererste Sahne“) zum 28:22 getroffen hatte, nahm die Party in Balingen ihren Anfang.

Wobei nicht verschwiegen werden soll, dass nicht alle Anhänger voll des ungetrübten Glücks waren. Katharina Herth hatte durchaus gemischte Gefühle, denn da gibt es ja noch dieses unvorteilhafte Gewächs im Gesicht ihres Mannes. „Da muss sie durch“, sagt ihr Ehemann, „der Bart kommt erst weg, wenn wir verlieren.“ Und das kann dauern. Denn am 9. November tritt der HBW beim Aufsteiger TV Neuhausen an – und in diesem Derby ist er der Favorit.