Der FC Bayern München geht in Marokko unbeeindruckt ins Finale der Club-WM gegen Raja Casablanca. Nur die Exotik des Spielorts Marrakesch sorgt beim Triple-Gewinner für leichte Irritationen.

Marrakesch - So ganz genau wissen sie beim FC Bayern immer noch nicht, was im Finale der Club-WM am Samstag (20.30 Uhr/ARD) gegen Raja Casablanca auf sie zukommt. Aber vielleicht kann Manuel Neuer jetzt immerhin ein bisschen weiterhelfen. Allein und in Freizeitkleidung hatte der deutsche Fußball-Nationaltorwart die von Trainer Pep Guardiola verfügte Freizeit in Marrakesch genutzt, um die verwinkelten Gassen der Medina, der Altstadt, mit den aus europäischer Sicht sehr exotischen Eindrücken zu erkunden.

 

Mangelnde Orientierung war letztlich nicht der Grund, weshalb Neuer beinahe nicht zurückgekehrt wäre ins Mannschaftshotel. Auf dem zentralen Platz Djemma el Fna, wo früher die Schädel der Hingerichteten ausgestellt wurden und heute Schlangenbeschwörer, Gaukler und Märchenerzähler Touristen wie Einheimische unterhalten, war der Torwart schnell selbst zur Attraktion geworden.

Amüsiert berichtete das arabischsprachige Internetportal „Oussoudlalam.com“, wie Neuer erkannt, eingekreist und trotz vieler Erinnerungsfotos nicht mehr gehen gelassen worden war. Die Menschentraube habe verhindern wollen, dass Neuer heute Abend gegen den marokkanischen Doublegewinner und Überraschungsfinalisten Raja das Tor hüten kann, hieß es. Nach allem, was man weiß, ist Neuer irgendwann doch wieder freigelassen worden. Jedenfalls postete der 27-Jährige am Freitag unerschrocken und voller Zuversicht auf Facebook: „Milan, Inter, ManU und Barça haben also den Coupe du Monde schon gewonnen. Na, dann ist doch jetzt der FC Bayern dran.“

Auch Toni Kroos kann die Gegner schwer einschätzen

Die Club-WM in Marokko ist für die Münchner eine Reise ins Unbekannte, und durch die sensationell anmutenden Erfolge der Gastgeberelf mit den international fast völlig unbekannten Kickern wird sich daran auch bis zum Finale nichts ändern. Ob es sich bei der Veranstaltung um eine Mogelpackung handele, weil ja augenscheinlich nicht die besten Vereinsmannschaften der Welt gegeneinander antreten, war Toni Kroos gefragt worden. Er sagte: „Mogelpackung in dem Sinne, dass man nicht unbedingt weiß, was für Gegner auf einen zukommen. Die Gegner sind immer schwierig einzuschätzen.“

Schon den locker mit 3:0 bezwungenen Halbfinalisten Guangzhou Evergrande aus China hatten die Münchner Profis vorab nur in ein paar Videosequenzen kurz vorgestellt bekommen. Das gilt nun ähnlich auch für Raja. Kroos klang deshalb eher weniger angetan von der Veranstaltung, die der Fifa-Präsident Joseph Blatter mit seinem gewohnten Habitus des Weltverbesserers gerade wieder verklärt hat als sozial motivierte Entwicklungshilfe und als Testlauf für eine echte WM 2026.

Nach dem ersten Turnier in der arabischen Welt in Katar 2022 ist diese in Aussicht gestellte Belohnung leicht als Fata Morgana zu enttarnen. Kroos sortierte den Stellenwert der Club-WM wohl auch mit unüberhörbar bemühter Begeisterung ein. „Wenn man gewinnt und für einige Zeit die beste Mannschaft der Welt stellt, ist das nicht so schlecht“, sagte er. Sorge, dass Raja diesem Ziel tatsächlich im Wege stehen könnte, treibt die Münchner nicht um.

Trainer Guardiola strich derweil das für Freitagvormittag angesetzte Training, nur am Abend stand noch ein letztes lockeres Üben vor dem Finale im „Stade de Marrakech“ an. Auch die Ekstase der Menschen in Marokko über Rajas Erfolge hat den Triplegewinner in seiner Selbstgewissheit nicht erschüttert, und das ist auch durchaus nachvollziehbar. „Mal ehrlich: Casablanca habe ich das letzte Mal gesehen, da spielte Humphrey Bogart noch da“, witzelte Borussia Dortmunds Trainer Jürgen Klopp aus der Ferne.

Es kann also eigentlich nicht schiefgehen mit den angestrebten fünften Titel im Münchner Erfolgsjahr 2013. Und vielleicht haben die beiden Brasilianer Dante und Rafinha bei ihrem Rundgang durch die Medina ja noch ein paar Geheiminformationen über das konterstarke, aber kaum mit dem FC Bayern konkurrenzfähige Raja zusammengetragen. Sie waren so clever, sich mit traditionellen Gewändern als Marokkaner zu verkleiden – und blieben unerkannt zwischen Wahrsagern, Heilern, Akrobaten und all den anderen exotischen Gestalten in Marrakesch, die manchmal wirken, als seien sie Tolkiens Mittelerde entsprungen.