Bund und Länder wollen besondere talentierte Schüler besonders fördern. Im Südwesten machen 39 Schulen mit bei der Käpsele-Förderung. Kultusministerin Eisenmann setzt auf sieben Cluster-Regionen im Land.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Talente gibt es überall. Wir müssen sie möglichst früh erkennen und fördern“, hat Gabriele Weigand, Professorin an der Pädagogischen Hochschule in Karlsruhe, am Dienstag in Berlin gemahnt. Für 39 Schulen aus Baden-Württemberg und 300 aus Deutschland wird ihre Aussage zur Leitidee für die Schul- und Unterrichtsentwicklung in den nächsten zehn Jahren. Sie alle haben sich, unterstützt von Bund und Ländern und begleitet von Experten aus der Wissenschaft, der Begabtenförderung verschrieben.

 

„Leistung macht Schule“ (Lemas) heißt das Projekt, das Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) und die Kultusminister der Länder auf den Weg gebracht haben. Sie investieren insgesamt 125 Millionen Euro in die Initiative zur Begabtenförderung in deutschen Schulen. Am Dienstag fiel der Startschuss in Berlin.

Der Mathe-Crack aus der Achten lernt mit der Oberstufe

In der Praxis kann das, wenn man der Pädagogik-Professorin Gabriele Weigand folgt, zum Beispiel dazu führen, dass der Mathe-Crack aus der achten Klasse schon mal mit den Schülern aus der Oberstufe Matheaufgaben aus deren Lehrplan löst – weil er oder sie das schon packt und weil die Schule ihm diese Möglichkeit bieten kann. Das ist jedenfalls das Ziel: Begabungen erkennen, Förderinstrumente und Unterrichtsstrategien entwickeln, die in der Schule gemeinsam umgesetzt werden.

„Dieses Projekt ist quasi überfällig“

Für Forschungsministerin Johanna Wanka vollzieht die Schulpolitik mit diesem Projekt zur Begabtenförderung geradezu einen Paradigmenwechsel: Seit die Pisa-Studie im Jahr 2000 die eklatanten Schwächen der deutschen 15-Jährigen beim Lesen, Rechnen und in den Naturwissenschaften dokumentiert hat, haben sich die Kultusminister der Länder verstärkt auf die Förderung der schwachen Schüler konzentriert. „Dabei haben wir einiges erreicht: Ihre Leistungen sind deutlich besser geworden, wie auch die jüngste Pisa-Auswertung gezeigt hat“, betonte Wanka.

Die Förderung der leistungsstarken Schüler ist dabei ins Hintertreffen geraten. „Dabei haben alle Experten uns immer gesagt, dass wir auch die starken Schüler fördern müssen“, betonte Wanka. Vergleichbare Länder haben bis zu dreimal so viele Spitzenschüler, wie in deutschen Klassenzimmern vertreten sind. „Deshalb ist dieses Projekt quasi überfällig“, betonte sie.

Begabtenförderung als Beitrag zur Chancengerechtigkeit

Für die Forschungsministerin ist das Projekt zur Begabtenförderung eine Beitrag zur Chancen- und Bildungsgerechtigkeit in der Schule. Die Mainzer Kultusministerin Stefanie Hubig (SPD), die derzeit Vizepräsidentin der Kultusministerkonferenz ist, sieht das genauso. In Rheinland-Pfalz hätten sich doppelt so viele Schulen beworben, als Plätze vergeben werden konnten, berichtete Hubig. Der Andrang sei bundesweit riesig gewesen. Fast alle 300 Projekt-Schulen waren bei der Startveranstaltung in Berlin am Dienstag dabei, um sich über Methoden zum Erkennen von besonderen Begabungen, Unterrichtsmethoden zur Begabtenförderung, Mentoringprogramme, leistungsfördernde Leitbilder und Schulkulturen zu informieren.

17 Hochschulen, die von Gabriele Weigand koordiniert werden, begleiten das Projekt, das in zwei Phasen und auf zehn Jahre angelegt ist. „Wir werden Theorie und Praxis verzahnen und auf Augenhöhe mit den Schulen zusammenarbeiten“, kündigte die Karlsruher Pädagogin an. Einfach sei es nicht, unterschiedlich begabte Schüler in einer Klasse gleichzeitig zu fördern, räumte Weigand ein. „Das ist eine Herausforderung. Aber es ist machbar, wenn man die Instrumente kennt und anwenden kann.“

Sieben Regionen im Land sollen bei Käpsele-Förderung spitze werden

Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) lobte den Schulterschluss zwischen Bund und Ländern. Sie betonte, dass die Schulen im Südwesten im Wettbewerb der Staaten wieder aufholen sollen. Für die Begabtenförderung schickt sie Schul-Cluster aus sieben Regionen an den Start: Heilbronn mit fünf, Marbach mit sechs, Pforzheim mit sechs, Lahr mit fünf, Lörrach mit fünf, Rottweil mit vier und Ravensburg mit acht Schulen.