Jochen Laube zeigt im Scala seinen neuen Film. Mit dabei ist Prominenz und Aufregung. Dabei wäre die gar nicht nötig.

Region: Verena Mayer (ena)

Ludwigsburg - Obwohl Jochen Laube den Abend organisiert hat, konnte er nicht ahnen, ob er ein Happy End haben wird. Würden wirklich genügend Leute ins Scala kommen? Und – falls ja: Würde ihnen der Film gefallen, der am Montagabend im Scala präsentiert wird? Oder würden die Zuschauer den Saal verlassen, in Scharen gar, weil der Film nicht gefällt? Jochen Laube, der, wenn er keine Premieren organisiert, Filme produziert, hat zumindest die Tage zuvor immer wieder nervös in den Computer geschaut, der ihm verriet, wie der Vorverkauf läuft. Denn, auch das muss man wissen: Wenn es einen Tag in der Woche gibt, der gewiss kein Kinotag ist, dann ist es der Montag. Und dass in Ludwigsburg zum Wochenbeginn auch sonst nicht gerade der Bär steppt, ist ebenfalls kein Geheimnis. Aber, um es vorweg zu nehmen: Der Montagabend im Scala hatte ein Happy End. Und das ganze Davor und Dazwischen war auch sehr, sehr schön.

 

Viele Gründe für einen schönen Abend

Doch eigentlich ist das gar nicht verwunderlich. Und dafür gibt es viele Gründe.

Zum einen den Film: „Was uns nicht umbringt“ heißt er, Sandra Nettelbeck ist die Regisseurin. Sie hat vor 17 Jahren den sehr schönen Film „Bella Martha“ gedreht, in dem Martina Gedeck die Hauptrolle spielte, und der mit vielen Preisen ausgezeichnet wurde. Vor fünf Jahren hat Sandra Nettelbeck den ebenfalls sehr schönen und viel gelobten Film „Mister Morgans letzte Liebe“ mit Michael Caine inszeniert. „Was uns nicht umbringt“ ist wieder ein sehr schöner Film geworden – wobei schön in diesem Fall nicht bedeutet, dass man das Kino leichteren Herzens verlässt als man es vielleicht betreten hat.

Im Grunde schaut man zwei Stunden lang überwiegend unglücklichen Menschen dabei zu, wie sie versuchen, ihr Leben zu leben. Da ist der Pilot, der die Liebe seines Lebens verliert. Da ist die Sounddesignerin, die sich mehr Liebe von ihrem (verheirateten) Freund wünscht. Da ist die Autorin, die seit dem Tod ihres Partners nicht mehr schreiben kann. Da ist die Tierpflegerin, die lieber alleine, aber plötzlich schwanger ist. Und da ist der Psychiater, der mit all diesen Menschen – und einigen mehr – auf unterschiedliche Weise zu tun hat, und der noch dazu selbst ziemlich durcheinander ist.

Dass der Film trotzdem schön anzusehen ist, liegt daran, wie er erzählt ist. Ruhig begleitet die Kamera die Protagonisten durch ihren scheinbar unspektakulären Alltag, es gibt überwiegend (!) angenehme Dialoge und viele große Aufnahmen von Schauspielern, die große Aufnahmen ausfüllen. August Zirner zum Beispiel, der den Psychiater spielt, berichtet nach der Aufführung, dass er diesem Film eine Portion „großes Zuhörvermögen“ verdanke – und dass das doch eigentlich allen Menschen zu wünschen sei.

Der Filmstandort im Schatten

Ganz nebenbei sind diese Schauspieler ein weiterer Grund für einen schönen Abend. Einige von ihnen sind im Scala dabei, also live und in Farbe. Neben August Zirner ist auch Barbara Auer da, im Film seine Ehefrau. Jenny Schily, die die leicht autistische Tierpflegerin spielt, ist zugegen und Oliver Broumis, der verzweifelte Pilot.

In Ludwigsburg ist das ja öfter mal Thema, dass dieser ach so herausragende Film- und Medienstandort gar nicht so herausragend sei. Zwar gibt es in der Stadt die Filmakademie mit ihren teils renommierten Absolventen. Aber die allermeisten von ihnen ziehen nach dem Abschluss halt doch in die großen Städte, weil dort die Filmmusik spielt. Und eben deshalb finden auch die allerwenigsten Premieren in Ludwigsburg statt. Jochen Laube jedoch ist anders. Er, der Ludwigsbürger, ist mit voller Absicht hier geblieben. Und er, der 40-jährige Chef der Produktionsfirma Sommerhaus, fördert den Filmstandort Ludwigsburg so gut er kann.

Alle seine Filme zeigt er persönlich und in Begleitung möglichst vieler Beteiligter in Ludwigsburg – was natürlich umso mehr Resonanz findet, je prominenter die Begleitung ist. Dass Peter Kurth, der im Mai bei der Präsentation von Laubes feinsinnigem Film „In den Gängen“ dabei war, einem breiten Publikum erst im Herbst (mit „Babylon Berlin“) bekannt wurde – war trotzdem toll! Ebenso Wim Wenders, der im Oktober seinen generalüberholten „Himmel über Berlin“ in Ludwigsburg zeigte. Beim kleinen Filmfestival „Lichtspielliebe“, das Jochen Laube neu ins Leben gerufen hat. „Ich möchte das Kino wachküssen mit allen Kräften“, sagt Laube, der für „Was uns nicht umbringt“ sogar eine Baden-Württemberg-Premiere erfunden hat. Die Weltpremiere hatte bereits in Locarno stattgefunden, die für Deutschland in Hamburg. „Jochen Laube ist ein Glücksfall für Ludwigsburg“, sagt Rainer Storz vom Verein Kinokult, in dessen Luna der neue Film ab Donnerstag läuft.

Zur Sonder-Premiere am Nicht-Kinotag Montag war das Scala übrigens fast ausverkauft. Keiner der rund 400 Zuschauer ist früher gegangen, und der Applaus nach dem Film war lang und laut. „Das ist nicht alles meine Verwandtschaft“ versichert Laube sicherheitshalber, der am Mittag seinen Schauspielern seine Stadt gezeigt hat. „Alle waren begeistert, wie immer“, berichtet der Produzent, der hoffentlich noch viele Happy Ends produziert.