Kann Currywurst essen eine Straftat sein? Offenbar ja, wenn dabei Bestechung im Spiel sein könnte. Die Staatsanwaltschaft Hannover  hatte deshalb gegen 17 Polizisten ermittelt, die sich 2023 mit dem Fast-Food-Gericht haben mutmaßlich korrumpieren lassen. Nun sind die Ermittlungen eingestellt worden. Dafür wird ein Grund genannt.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Nein, es ging um keine Bagatelle! Es ging um die Wurst! Genauer gesagt um die Currywurst! Also um eine Art Currywurst- Gate (in Anlehnung an Watergate)!

 

Man glaubt es kaum: Selbst bei dieser urdeutschen Fast-Food-Spezialität, bei dem eine Brat- oder andere Art von Brühwurst geschnitten mit einer tomatenhaltigen Sauce und Currypulver und/oder mit Curry-Ketchup gemeinhin an einer sogenannten Currywurst-Bude kredenzt wird, kann kriminelles Verhalten – genauer gesagt Bestechung – im Spiel sein.

Ermittlungen wegen Currwurst-Bestechung eingestellt

Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte deshalb im Zusammenhang mit einer möglichen Bestechung aufgrund von diversen Einladungen zum Currywurstessen ab Mitte Januar ermittelt.

Jetzt sind die Ermittlungen wegen Korruptionsverdachts eingestellt worden. Das hat eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Donnerstag (15. Februar) auf Anfrage mitgteilt. 

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen 17 Mitarbeiter der Zentralen Polizeidirektion (ZPD) sowie einen Referenten ermittelt. Den ZPD-Mitarbeitern war vorgeworfen worden, dass sie bei Fortbildungen über zehn Monate regelmäßig Einladungen zu Currywurstessen angenommen haben sollen. 

"Die Ermittlungsverfahren gegen den Schulungsreferenten sowie gegen Beschäftigte der ZPD Hannover wurden mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt", sagte nun ein Sprecher der Staatsanwaltschaft der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". 

Ein kurioser Fall, der das Zeug hat in die deutsche Rechtsgeschichte einzugehen. Wohl mehr als juristische Posse denn als strafrechtlich relevantes Fallbeispiel. Eine Rekonstruktion:

Die Ermittlungen

Die niedersächsische Staatsanwaltschaft hatte Ende Januar 2024 offizielle Ermittlungen gegen die Beteiligten  an den Currywurst-Dinnern eingeleitet. Foto: Imago/Noah Wedel

Mutmaßliche Einladungen zu Currywurst-Dinnern hatten zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover geführt. Die Ankläger ermittelten wegen Korruptionsverdachts gegen 17 Mitarbeiter der Zentralen Polizeidirektion (ZPD).

Ihnen war vorgeworfen worden, dass sie über zehn Monate wiederholt Einladungen zu Currywurst-Essen angenommen haben sollen. Zuerst hatte die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ darüber berichtet.

Die Ministerien

Das niedersächsische Innenministerium hatte sich zu dem prekären Fall wegen der laufenden Ermittlungen nicht expressis verbis geäußert. Eine Sprecherin des Justizministeriums erklärte lediglich, dass es um Mitarbeiter der zentralen Polizeidirektion gehe, die bei Fortbildungen mehrfach zum Essen eingeladen worden seien.

Laut Staatsanwaltschaft hatte ein Referent eines Landesbetriebs die Kursbesucher der anderen Landesbehörde nach der Schulung öfter zum Currywurst-Essen eingeladen. Es ging  demnach um einen Gesamtwert von etwa 2000 Euro.

Das Motiv

Positive Bewertungen als Motiv? Foto: Imago/Alexander Limbach

Ein mögliches Motiv für die mutmaßlichen Essens-Einladungen war laut Staatsanwaltschaft, dass die verbeamteten Schüler am Ende des Kurses eine Beurteilung abgeben sollten.

Der Referent könnte sich durch die Currywurst-Einladungen positive Bewertungen erhofft haben. „Das könnte so sein. Und darum sind wir gehalten, das zu prüfen“, teilte der Sprecher der Staatsanwaltschaft weiter mit.

Das Corpus Delicti

Die Sauce macht de Unterschied bei der Currywurst. Foto: Imago/Funke Foto Service

Das hier ein möglicher Fall von Bestechung von Amtsträgern und von Bestechlichkeit eben derselben vorlag, war somit sonnenklar. Corpus Delicti - also Beweisgegenstand – waren die diversen Currywürste.

Der Bestecher

Wegen eines wenige gesunde Fast-Food-Gerichts ins Gefängnis wandern? Eine wenig erfreuliche Aussicht. Foto: Imago/Michael Gstettenbauer

Bestochen hatte der Referent, der die Currywurst servierte. Ihm hätte im Fall einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren gedroht, in besonders schweren Fällen von bis zu zehn Jahren.

Die Bestochenen

Den Beamten droht eine empfindliche Strafe. Foto: Imago/Noah Wedel

Den Bestochenen – die Polizeibeamten – hätte wegen Bestechlichkeit eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren gedroht. In minder schweren Fällen käme man mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren davon. In besonders schweren Fällen wandert man bis zu zehn Jahre hinter Gitter.

Der Richter

Über das mögliche Strafmaß zu entscheiden wäre die Aufgabe des zuständigen Richters gewesen. Vorausgesetzt, es wäre zu einem Strafprozess gegen die kulinarisch auf Abwegen geratenen Beamten gekommen. Was ja nunmehr nicht mehr der Fall ist.

Bestechung im öffentlichen Dienst

Im Jahr 2022 wurden offiziell 3600 Korruptionsstraftaten in Deutschland registriert. Im Vergleich zum Vorjahr war dies ein Anstieg um satte 34,9 Prozent. Foto: Imago/Steinach

So bizarr der Fall auch klingen mag: Bestechung – vielfach synonym mit Korruption gebraucht – ist auch im öffentlichen Dienst verbreitet. Wie verbreitet, lässt sich aus den offiziellen Fallzahlen kaum erschließen, da die Dunkelziffer der nicht bekannt gewordenen Fälle deutlich höher liegen dürfte.

Im Jahr 2022 wurden insgesamt 3600 Korruptionsstraftaten in Deutschland registriert. Im Vergleich zum Vorjahr war dies ein Anstieg um satte 34,9 Prozent.

Das Strafgesetz

Das Strafgesetz kennt bei Bestechung und Bestechlichkeit keine Gnade. Foto: Imago/Rene Traut

Laut Paragraf 334 Strafgesetzbuch (StGB) Abschnitt „Straftaten im Amt“ (§§ 331 ff. StGB) handelt es sich bei Bestechung um einen Straftatbestand. Das Bundeskriminalamt (BKA) spricht von einem „Missbrauch eines öffentlichen Amtes, einer Funktion in der Wirtschaft oder eines politischen Mandats“.

Häufig werde hierbei eine Vertrauensstellung in einer Funktion in der Verwaltung, Justiz, Wirtschaft, Politik oder auch in nicht-wirtschaftlichen Vereinigungen oder Organisationen ausgenutzt, um einen materiellen oder immateriellen Vorteil zu erlangen, auf den kein rechtlich begründeter Anspruch besteht.