Die Mutter einer Familie ist unheilbar krank. Sie möchte ein klares Ende machen, ihre Kinder sind dagegen. Der Regisseur Bille August behandelt das Thema des selbstbestimmten Todes ohne künstliche Gefühlsanreicherung.

Stuttgart - Mit Siebzig hätte Esther (Ghita Norby) locker noch einige Jahre vor sich, wäre nicht die Krankheit ALS. Bald wird sie nicht mehr sprechen, nicht einmal mehr selbstständig atmen können. Deprimierende Aussichten, die Esther sich und ihrer Familie ersparen will. Den assistierten Selbstmord hat sie deshalb mit ihrem Mann Poul (Morten Grunwald), einem pensionierten Arzt, abgesprochen. Alle sind eingeweiht. Jetzt will Esther noch einmal feiern.

 

Der Prozess, bis ein Mensch zu solch einer klaren Entscheidung kommt, ist lang. Zu Beginn von Bille Augusts Drama „Silent Heart – Mein Leben gehört mir“ hat die Protagonistin ihn schon hinter sich, ihre Kinder noch nicht. Zwar haben die erwachsenen Töchter Sanne (Danica Curcic) und Heidi (Paprika Steen) versprochen, den Sterbewunsch der Mutter zu respektieren. Kurz vorm Exitus geraten die beiden jedoch ins Wanken.

Ausgeklügelte Beziehungsschlacht

Die Gefahr ist groß, dass sich der Regisseur August und sein Drehbuchautor Christian Torpe in Stereotypen verfangen, die mit dem heiklen Thema unweigerlich verbunden sind. Schon bei der Anreise der Töchter hängen alte Konflikte in der Luft. Heidi, die ältere und gesetztere, versteht sich schlecht mit Sanne, einer labilen Frau, die mit ihrem Kiffer-Freund Dennis (Pilou Asbaek) eine On-Off-Beziehung führt.

Der Film droht in eine tiefenpsychologisch ausgeklügelte Beziehungsschlacht zwischen ungleichen Schwestern auszuarten, die um die Wertschätzung ihrer Mutter konkurrieren. Aber Torpes Drehbuch ist nüchtern angelegt, während Bille August sein Ensemble davor bewahrt, sich in künstlichen Gefühlsausbrüchen zu ergehen. Zwar wirken manche Wendungen weit hergeholt, die ebenso sensible wie sachliche Beobachtung trägt den Film trotzdem bis zum Ende. Esthers Tod bleibt unausweichlich, aber zum Heulen ist er nicht, weil er auf Selbstbestimmung beruht. Damit kann man leben.

Silent Heart – Mein Leben gehört mir. Dänemark 2014. Regie: Bille August. Mit Ghita Norby, Morten Grunwald, Paprika Steen, Danica Curcic. 95 Minuten. Ab 12 Jahren.