Bordelle in Baden-Württemberg öffnen wieder Ab Montag – Sex nur mit Maske und nicht in Gruppen

Sex im Bordell gibt es nur mit Mund-Nasen-Schutz. In Gruppen ist er dann erstmal nicht erlaubt. Ein weiteres pikantes Detail der Verordnung des Landes lautet: Freier müssen ihre Kontaktdaten hinterlassen.
Stuttgart - Bordellbetreiber und Prostituierte laufen in Baden-Württemberg seit Wochen Sturm, denn sie sehen sich in der Coronakrise im Vergleich zu anderen Bereichen benachteiligt. Während vieles gelockert wurde, läuft im ältesten Gewerbe der Welt offiziell seit fast sieben Monaten nichts mehr. Ein Urteil bringt nun die erhofften Änderungen, denn der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat das generelle Sexverbot gekippt und es als krassen und außerordentlich schweren Eingriff in die Berufsfreiheit bezeichnet. Ab Montag (12. Oktober) dürfen Freier und Prostituierte wohl wieder offiziell intim werden. Aber wie?
Die grün-schwarze Landesregierung war gezwungen, die Entscheidung des Gerichts umzusetzen und hat dafür nun die Coronaverordnung zum vierten Mal geändert. Sie sollte am Sonntag veröffentlicht werden, damit sie am Montag in Kraft treten kann. Die wichtigsten Punkte daraus: 1:1-Prostitution ist erlaubt. Das heißt kein Gruppensex, sondern eine Prostituierte und ein Freier dürfen in einem Raum Sex haben. Ferner ist ein Mund-Nasen-Schutz Pflicht und der Kunde muss seine Daten wie beispielsweise bei einem Friseur hinterlassen.
Hygienekonzept zwingend erforderlich
Die Bordelle müssen laut einer Sprecherin des Sozialministeriums in Stuttgart schlüssige Konzepte vorlegen, wie sie das umsetzen wollen. Und: Die Coronaverordnung sei aber nur bindend für Kommunen, die nicht per Allgemeinverfügung ein komplettes Prostitutionsverbot ausgesprochen hätten.
Ist damit die Gefahr gebannt, dass sich die Sexstätten als Superspreader-Orte für das Coronavirus erweisen? Ja, sagt John Heer. Er betreibt in Stuttgart zwei Laufhäuser und eine Tabledance-Bar, die vor drei Monaten wieder öffnen durfte. „Fakt ist nun Mal, dass diese Branche mit Hygienestandards gut umgehen kann.“ Seit dem 1. Juli hätten zahlreiche Sexstätten in Deutschland wieder den Betrieb aufgenommen. Ihm sei kein Fall bekannt, in der von dort aus das Coronavirus eine Infektionskette ausgelöst habe. „Sehr wohl aber private Feiern“, sagt Heer. Er will erstmal prüfen, ob sich eine Wiedereröffnung seiner beiden Laufhäuser unter den vom Land vorgegebenen Regeln rentiert.
Bundesweit viele Bordelle wieder geöffnet
Laut dem Bundesverband sexuelle Dienstleistungen (BSD) sind Bordelle bundesweit noch in Hessen und Mecklenburg-Vorpommern geschlossen. „Was ist hier los? Haben wir es in diesen zwei Bundesländern mit einem anderen Virus zu tun oder muss Corona hier für was anderes herhalten?“, steht auf dem Banner, das über die Homepage des Verbands läuft.
Daria Oniér, BSD-Sprecherin für Stuttgart, ist froh. „Ganz große Klasse, dass wir wieder öffnen dürfen.“ Sieben Monate nicht arbeiten zu dürfen, sei ein Desaster gewesen. „Die meisten Sexarbeiterinnen wie ich arbeiten als selbstständige Unternehmerinnen. Dafür gab es drei Monate Soforthilfe. Aber ich bin auch gemeldet und habe eine Steuernummer“, sagt die 42-Jährige, die seit acht Jahren unter anderem Tantra-Massagen und Sexualassistenz für Menschen mit Behinderungen anbietet.
Stadtsprecher von Urteil überrascht
„Wer aber nicht gemeldet war, ist in die Illegalität abgerutscht. Preise wurden gedrückt, Hygienemaßnahmen gab es da auch nicht“, erklärt Oniér. Eine Rückverfolgung für Infektionslagen sei unmöglich gewesen. „Deswegen müssen Bordelle wieder öffnen, damit der sichere Rahmen wieder da ist für die Prostituierten.“
Stuttgart war laut Sprecher Sven Matis vom Urteil des Verwaltungsgerichtshofs überrascht. Noch vor zwei Wochen habe das Gericht die Linie des Landes bestätigt. „Daraufhin hat das Amt für öffentliche Ordnung die in Stuttgart gültige Allgemeinverfügung zum Verbot der Prostitution verlängert bis Ende November“, betonte Matis. Das hohe Gut der Berufsfreiheit sei wichtig, zugleich sei der Infektionsschutz für die Stadt in diesen Tagen zentral. „Sobald uns die Gründe für den Beschluss vorliegen, werden wir diese genau analysieren und uns dann mit dem Land über die weiteren Schritte verständigen.“
Unsere Empfehlung für Sie

Coronapandemie in Baden-Württemberg Die neuesten Infektionszahlen im Südwesten
Das Landesgesundheitsamt hat die neuesten Zahlen zur Coronapandemie in Baden-Württemberg bekannt gegeben. Es wurden weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus festgestellt.

Daten zur Coronapandemie Vier Kreise im Land unter der 50er-Inzidenz
In Baden-Württemberg sinkt die Zahl der bestätigten Corona-Neuinfektionen schneller als im Bundesschnitt. Nach Tübingen haben nun drei weitere Kreise das Ziel von weniger als 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner pro Woche erreicht. Hier geht es zu den aktuellen Daten.

Coronavirus in Baden-Württemberg Pathologe: Angehörige befürworten vermehrt Obduktion von Corona-Toten
Warum sterben manche Patienten nach einer Covid-19-Erkrankung und wie verändern sich die Organe? Ein Verbund von Pathologen in Baden-Württemberg obduziert die Leichen Verstorbener und ist erstaunt.

CDU-Landesparteitag Landes-Union macht ihren Frieden mit Armin Laschet
Die Landes-CDU macht ihren Frieden mit dem neuen Parteichef Armin Laschet. Das trägt bis zur Landtagswahl, kommentiert StZ-Autor Reiner Ruf.

Corona-Verordnung Was ab Montag in Baden-Württemberg gilt
Die neue Corona-Verordnung von Baden-Württemberg wird am Montag in Kraft treten. Was kommt auf die Bürger zu? Hundesalons öffnen wieder, die Maskenpflicht wird verschärft. Und vieles bleibt beim Alten.

Landtagswahl Baden-Württemberg 2021 Landes-CDU beschwört vor der Wahl Einigkeit
Nur 50 Tage noch bis zur Wahl – und in der Landes-CDU stehen die Zeichen auf Harmonie. Der erste digitale Parteitag läuft ohne große Debatten ab – zumindest vor dem Publikum.