Der Warsteiner Jan-Lennard Struff gegen den Unterhaltungskünstler Frances Tiafoe: Ein besseres Finale hätte sich das Tennisturnier auf dem Stuttgarter Weissenhof nicht wünschen können.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Nach knapp anderthalb Stunden Spielzeit riss Jan-Lennard Struff die Arme in die Höhe. Ein ungläubiger Blick – und frenetischer Jubel von den voll besetzten Tribünen des TC Weissenhof markierten das Ende dieses Halbfinales. Durch einen 3:6, 6:3, 6:3-Erfolg gegen den Polen Hubert Hurkacz zieht der 33-Jährige, der von seinen Fans nur Struffi gerufen wird, in sein drittes Finale auf der ATP-Tour ein. Und in sein erstes auf Rasen.

 

„Es ist der Wahnsinn. Es war vor allem im ersten Satz ein schwieriges Match gegen einen starken Gegner. Aber die Fans haben mich wieder unglaublich unterstützt. Jetzt freue ich mich natürlich wahnsinnig auf das Finale“, sagte der Warsteiner. In diesem trifft er am Sonntag (15.30 Uhr) auf den US-Amerikaner Frances Tiafoe, der sich in der Vorschlussrunde gegen den ungarischen Qualifikanten Marton Fucsovics mit 6:3, 7:6 durchsetzte. Gegen die Nummer zwölf der Welt, nachdem Struff in Tommy Paul und Hurkacz zuvor die Nummer 17 und Nummer 14 ausgeschaltet hatte. Durch seine Finalteilnahme beim 250er-Turnier von Stuttgart schob sich der Deutsche bereits auf Position 21 vor. Gegen Tiafoe spielt er nun um seinen ersten Titel auf der ATP-Tour. „Das bedeutet mir richtig viel“, bekannte der Mann mit der umgedrehten Mütze.

Im Finale wartet Frances Tiafoe

Dabei hatte das Match gar nicht gut für ihn begonnen. Wie eine Maschine zimmerte der humorlose Pole ein Ass ums andere ins Feld. Bei gegnerischem Aufschlag war Struff fast eineinhalb Sätze lang praktisch chancenlos. Sein eigenes Service war an diesem Nachmittag nicht das beste. Ein Aufschlagspiel musste er abgeben – und damit auch den ersten Satz.

Dabei war Struff der bessere Spieler. Wenn der Ball einmal im Feld war, dominierte der Sauerländer mit mutigem Angriffsspiel die wenigen längeren Ballwechsel. Mitte des zweiten Satzes kippte die Partie. Hurkacz brachte nun weniger erste Aufschläge ins Feld. Struff ergriff die Chance zum Break und holte sich unter dem großen Jubel der 5000 Fans den zweiten Satz.

Boris Becker adelt Struff: „Großes Rasentennis“

Im entscheidenden dritten Durchgang ließ der Lokalmatador nicht locker. Ein weiteres frühes Break reichte ihm, um das Match gegen einen nachlassenden Gegner ins Ziel zu bringen. Am Ende stach vor allem die starke Quote bei Netzangriffen (17/20) hervor. Der Rest war grenzenloser Jubel, bei dem auch Tennislegende Boris Becker nicht fehlen wollte. Der dreifache Wimbledon-Sieger war am Samstag auf dem Weissenhof zu Gast. Nach dem verwandelten Matchball sah man ihn auf dem Centre Court, wo Becker ein Fernsehinterview gab und Struff zum Sieg gratulierte. „Es ist ein großer Sieg für ihn. Er spielt mit einem unglaublichen Selbstvertrauen. Großes Rasentennis, Kompliment“, sagte er bei „Servus TV“. Unter lautstarken Boris, Boris-Rufen verließ der 55-Jährige schließlich verhalten winkend den Court. Struff verfolgte die eigenartige Szenerie schmunzelnd.

Er wird nun im Kreise seiner Familie regenerieren und sich auf den großen Tag vorbereiten. „Frances ist ein lustiger Kerl“, sagte er über seinen Finalgegner. „Aber natürlich auch ein richtig dicker Brocken.“ Eines der zwei bisherigen Duelle konnte Struff für sich entscheiden. Die Fans hätten sich jedenfalls kaum ein besseres Endspiel wünschen können. Schließlich zählt auch Tiafoe durch seine Showeinlagen zu den größeren Attraktionen auf der Tour.

Die Doppelpartner Kevin Kravietz und Tim Pütz machten den deutschen Erfolg am Samstag perfekt: Sie zogen ebenfalls ins Finale ein.