Ulla Coulin-Riegger ist eigentlich Verhaltenstherapeutin. Nun hat sie ihren Debütroman veröffentlicht. In diesem spiegelt sich nicht nur ein Teil ihrer Arbeit wieder, sondern auch ihre persönlichen Erfahrungen.

Leinfelden-Echterdingen - Wenn eine Verhaltenstherapeutin mit der Intension, ein Buch zu veröffentlichen, zu Stift und Papier greift, kommt normalerweise eines dabei heraus: ein Ratgeber. Ulla Coulin-Riegger aber schildert auf 174 Seiten keine Abfolge von Schritten hin zu einem erfüllteren Leben, ihr Buch ist keine Anleitung zum Glück. Stattdessen ließ sie ihrer Fantasie freien Lauf und brachte einen Roman zu Papier.

 

Schon als Jugendliche hat sie ihre Gedanken in Gedichten verarbeitet: „Das hat mich beruhigt und meinen Gefühlen Struktur gegeben. Schreiben war für mich als Ordnung der inneren Unordnung wichtig“, sagt sie. Ein Sachbuch oder Ratgeber kam für sie auch deshalb nicht infrage, weil sie sich eher künstlerisch austoben als eine wissenschaftliche Lektüre verfassen wollte.

Der Kern vielen seelischen Leidens

Ihrem Metier ist Coulin-Riegger trotzdem treu geblieben, denn den Roman fütterte sie mit ihren eigenen Erfahrungen. Dabei spielte auch eine Rolle, was sie in ihrer Praxis in Oberaichen erlebt hat. „In jeder Therapie kommt man irgendwann auf die Beziehung zur Mutter oder zum Vater zu sprechen. Das Thema beschäftigt mich schon immer, weil es der Kern vielen seelischen Leidens ist“, sagt sie. Ihr Debütroman „Mutters Puppenspiel“ greift ebendiese Beziehung auf. Die Protagonistin, eine 38-jährige HNO-Ärztin, sehnt sich nach der Bestätigung ihrer Mutter. Ihre emotionale Abhängigkeit reicht so weit, dass sie versucht, ihr alles recht zu machen. Doch die Mutter beherrscht das Spiel der Manipulation: Egal, was ihre Tochter Lisette auch tut, aus dem Schatten ihrer Mutter traut sie sich nicht herauszutreten.

Coulin-Riegger hat eine Geschichte niedergeschrieben, wie sie sie oft in ihrer Praxis zu hören bekommen hat. „Meine Arbeit war es, Frauen da rauszuführen, sodass sie wieder sie selbst sind – auch, wenn das der Mutter nicht gefällt.“

Auch die Protagonistin kann sich nicht selbst von ihren Marionettenfäden befreien, obwohl sie sich der Manipulation durch die Mutter bewusst ist. Die Ursprünge hierfür begründet die Autorin psychologisch. „Die Anerkennung und Liebe der Eltern sind das Maß für unseren Selbstwert: Wir wollen, dass sie stolz auf uns sind“, sagt Coulin-Riegger.

Auch sie brauchte lange, sich zu befreien

Nicht nur ihre Berufserfahrung diente der Autorin als Inspiration. Ihren Roman vergleicht sie mit einer weißen Leinwand: „Meine eigene Erfahrung ist die Grundierung. Die Farben sind die Erfahrungen der anderen. Alles zusammen ergibt das Gemälde.“ Denn auch sie selbst brauchte lange, um sich aus den Fängen der psychologischen Spielchen zu befreien. Geholfen hat ihr dabei, den Mut ihrer Patientinnen wahrzunehmen. „Diese haben die Kraft gehabt, ein erfolgreiches Leben zu führen, obwohl sie diesen Ballast mit sich tragen“, sagt die Therapeutin.

Auch wenn ihr Buch kein Ratgeber ist, kann der Leser etwas daraus mitnehmen: „Das Buch regt an, den Mut zu haben, man selbst zu sein, auch wenn es anderen nicht gefällt. Dazu muss man sich selbst lieben. Das ist die Zauberformel.“ Sie selbst hat sich von den Strängen befreit – und das Manuskript für den nächsten Roman liegt auch schon in der Schublade parat.