Küchen bilden heute das Zentrum des Zuhauses – so gelingt es, großartig gestaltete Räume zum Kochen, Braten und Backen zu schaffen. Bilder und Texte eines Buches geben Einblicke und Anregungen – auch von einem Stuttgarter Interior-Experten.

Bauen/Wohnen/Architektur : Nicole Golombek (golo)

Kaum eine Neubauwohnung, kaum eine Renovierung eines Altbaus, bei dem nicht Küchen- und Essbereich fließend ineinander übergehen. Wie einst in den Höhlen die Feuerstelle hat sich die Küche zum Zentrum des wohnlichen Geschehens entwickelt, ist heimeliger Rückzugsort vor der hektischen Welt ebenso wie kommunikativer Hotspot, Stichwort Küchenparty, und natürlich Statusobjekt. So ist das offene Wohnen auch in einem Apartment in einem Haus aus der Zeit um 1900 zu sehen.

 

Die Architekten strukturierten die Räume um, nun findet sich in der Wohnung mit den hohen Wänden eine luftig offene Raumfolge. Die Übergänge zwischen Küchen- zum Ess- und Wohnbereich sind dezent gestaltet mit jeweils anderen Bodenbelägen.

Küche im Reetdachhaus

Die klein gemusterten Schachbrett-Fliesen in Beige und Braun in der Küche passen harmonisch zu den fast schon asketisch schlichten Weißeichenholzfronten der Einbauschränke und den Messingarmaturen. GRT Architects haben diese Küche in einer Wohnung in East Village in New York gestaltet. Zu finden sind derlei Einblicke in dem inspirierenden Bildband „Kitchen Interiors“, herausgegeben von Robert Klanten und Masha Erman.

Sie stellen mit Texten und Bildern spannende Interieurs aus der ganzen Welt vor, die mehr wagen als das hierzulande häufig zum Einsatz kommende Weiß in der Küche. Kochstellen und Speisewohnräume von deutschen Gutshöfen mit Betonkücheninsel unterm hohen Raum im mit Reet gedeckten Haus bis zu knallbunten Küchenträumen in Mexiko sind darunter.

Atemberaubend karg kann eine Küche auch aussehen. Der belgische Innenarchitekt Dries De Malsche hat, wie er sagt, eine „ziemlich seelenlose Neubauvilla“ in Portugal renoviert. Dunkler Mineralputz, gelbbraune Wände und Schränke, Eichenholz-Wandschränke bieten den dezenten Hintergrund für das Wow-Element – eine Kücheninsel aus rosarot gemustertem Travertin.

Nussbaumholz-Verkleidungen wiederum sind das besondere und bestimmende Element in der Küche, die das Stuttgarter Studio Alexander Fehre für eine Familie in ihrem Haus an der Achalm, dem Reutlinger Hausberg, gewählt hat. Erstaunlich wie elegant eine große und praktische Küche auch aussehen kann. Wie eine ästhetisch anspruchsvolle Wohnküche gelingen kann, hat der Gestalter auch bei einem Umbau einer Stuttgarter Villa gezeigt.

Küchen sind zudem darunter, die ihre Inspiration bei professionellen Gastronomieküchen finden mit leicht abwaschbaren Oberflächen aus Edelstahl (gibt es sogar bei schwedischen Großmöbelketten wie Ikea inzwischen) wie in einer Küche in einem Loft in Bratislava in der Slowakei, gestaltet von den Architekten Kilo/Honc. Rohbeton, hohe Räume und große Fenster lassen den Raum dennoch hell und freundlich wirken.

Kochutensilien in der Küche zeigen

Das helle Grau an Wänden und Einbauten wird durch farbig auffällige Accessoires und Küchenutensilien durchbrochen. Hier wie auch in anderen Küchen sind häufig offene Regale im Einsatz. Denn gut gestaltetes Geschirr, Gläser, Kupferpfannen und Emaillebräter wollen gesehen werden und sind viel schade, sie in Schränken zu verstecken.

Wer nicht die finanziellen Möglichkeiten hat, sich eine Küche vom Schreiner anfertigen zu lassen oder eine exklusive Einbauküche zu kaufen, könnte schon einmal in qualitätsvolles Zubehör investieren, das ist auch meist langlebig und präsentabel und macht selbst auf einem Ikea-Regal aus Holz oder Metall etwas her. Wichtig ist bei Regalen freilich, sie nicht wahllos vollzupacken, sondern die Dinge des täglichen Gebrauchs beispielsweise nach Farben oder Formen zu sortieren.

Stilkombination von Vintage- und Industrialschick ebenso wie Materialmix ist außerdem ein Trick der Innenarchitekten. Wenn es für die teure Kupferpfanne oder die Messingarmatur nicht reicht, dann aber doch vielleicht für ein Accessoire, eine Schale aus Ton, ein Salatbesteck aus schönem Holz, das neben ein paar Emaille-Teeboxen, einem Messingkerzenständer und gemusterten Küchenhandtüchern gute Figur macht.

Praktische Tipps für die Küchenplanung

Manchmal hilft schon ein neuer Spritzschutz hinterm Herd, auf der geringen Fläche kann es dann auch mal eine etwas kostspieligere Fliese zum Einsatz kommen. Und bei großer Liebe zum Kochen auf kleinem Platz dürfen auch mal Dinge auf dem Schrank gelagert werden, Wasserkrüge unterschiedlicher Form und aus diversen Materialien, in Gruppen angeordnet beispielsweise.

Anregungen für eine gute und praktische Küche gibt dieses Buch ebenfalls, welches Licht wichtig ist, wie viel Stauraum, wo man welche Dinge am besten aufbewahrt. Küchenfans lernen, dass Bilder an der Wand und Blumensträuße auf dem Fensterbrett, sogar Tapeten an der Wand für Wohnlichkeit sorgen, und wie Holzbretter zusammen mit Kochlöffeln im Glas und einer Schale mit Obst eine schicke Kombination auf dem Küchentresen bilden. Nur kochen – das muss man dann schon selbst, der Bildband macht jedenfalls Lust auch darauf.

Das Buch

Kitchen Interiors
Neues Design für Küchen und Esszimmer. Herausgegeben wurde das Buch von Robert Klanten und Masha Erman. Texte von Anna Southgate. Vorwort von Jeppe Christensen, Reform. Gestalten Verlag, 2023, 250 Seiten, 39,90 Euro. gestalten.com