Der 39-jährige Bürgermeister von Weissach im Tal, Ian Schölzel, hat keinen Gegenkandidaten. Deshalb steht bereits lange vor der Wahl am 19. Juli fest: der neue Schultes wird der alte sein.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Weissach im Tal - Es ist drückend heiß an diesem Mittwochabend in der Seeguthalle in Weissach im Tal-Cottenweiler. Trotz der widrigen Bedingungen haben sich knapp 100 Bürger eingefunden, vornehmlich ältere. Manche säßen vermutlich lieber daheim auf der Terrasse oder in einem Biergarten. Die meisten sind leger gekleidet, einer indes trägt Schlips und Kragen: der Bürgermeister Ian Schölzel.

 

Die offizielle Kandidatenvorstellung, zu der die Gemeinde eingeladen hat, ist eine One-Man-Show. Der 39-jährige Schultes hat beim Urnengang am Sonntag, 19. Juli, keinen Kontrahenten. Er hätte sich auch gegen den Anzug und die Krawatte entscheiden können, seine Wiederwahl hätte das ganz bestimmt nicht verhindert. Jetzt steht er oben auf dem Podest, schwitzt und sagt, warum er wiedergewählt werden will. Weil er das in seinem ersten Wahlkampf vor acht Jahren versprochen habe, weil Weissach eine „wunderschöne Gemeinde“ sei, weil seiner Frau Martina und die beiden Kinder – die Tochter ist vier Jahre alt, der Sohn eineinhalb – sich so wohl fühlten im Flecken, und weil es noch einiges zu tun gebe in Weissach , etwa im Bereich Hochwasserschutz und bei der Wiederbelebung der Industriebrache Rombold-Areal.

Beim Amtsantritt war Stimmung im Ort mies

Bereits im Wahlkampf 2007 hatte Schölzel – damals ein blutjunger Kandidat von gerade mal 31 Jahren – seinen Kritikern erklärt: Weissach sei für ihn ganz bestimmt nicht bloß Durchgangsstation. Er hat Wort gehalten. Er will in dem 7000 Einwohner zählenden Flecken bleiben, obgleich sich Kommunalpolitiker aus deutlich größeren Gemeinden bei ihm erkundigt hätte, ob er denn als Schulteskandidat zur Verfügung stehe. Nein, habe er immer gesagt. Schölzel ist parteilos, und das, sagt er am Rande der Veranstaltung, werde auch künftig so bleiben. Eine Kandidatur für den Kreistag sei für ihn, den viel beschäftigten Vater, nie Thema gewesen. Obgleich mehrere Fraktionen angefragt hätten.

Ian Schölzel kommt an bei den Menschen – an diesem Abend in der Seeguthalle und auch ganz generelle bei vielen Weissachern. Die erste Wahl hatte er mit stattlichen 85 Prozent für sich entscheiden, obwohl er damals einen respektablen Gegenkandidaten hatte. Gleich während seiner ersten Monate im Amt hat sich Schölzel Respekt erworben. Die Stimmung im Ort war mies. Die Mehrheit im Gemeinderat hatte beschlossen, auf einem hochwassergefährdeten Areal Seniorenwohnungen zu bauen. Eine Bürgerinitiative, hinter der auch ein paar der unterlegenen Gemeinderäte standen, setzte alle Hebel in Bewegung, um den Beschluss zu kippen. Unter diesen Vorzeichen begann Schölzels Arbeit im Rathaus. Ganz schnell präsentierte er damals seinen Vorschlag, den Neubau auf Stelzen zu stellen. Die Initiative ließ sich überzeugen, und der Verein Mehr Demokratie sprach von einer „Sternstunde kommunaler Demokratie“.

Schölzel hofft auf eine Wahlbeteiligung von 30 Prozent

Während seiner Rede rattert Schölzel die Erfolge der vergangenen acht Jahre herunter, spricht unter anderem von vielen neuen Krippenplätzen, von acht schuldenfreien Haushaltsjahren, von der Rettung des Schulstandort Oberweissach, von der Sanierung „kommunaler Infrastruktur“ und von manchem mehr. In der nächsten Amtszeit wolle er unter anderem ein neues Jugendhaus konzipieren und „generationengerechte Wohnformen“ im Ort schaffen. Die Neugestaltung des Rombold-Areals biete große Zukunftschancen. Er rechne mit 35 bis 40 Millionen Euro, die in den nächsten Jahren in erster Linie von privaten Investoren in die Reaktivierung der Brache fließen werden.

Nur ganz wenige Bürger melden sich in der Seeguthalle zu Wort. In ihren Fragen geht es um Themen wie Streuobstwiesen und Gehwege. Wirklich große Probleme scheint es in Weissach keine zu geben. Es bleibt eigentlich nur eine Frage: wer soll – bitte schön – zur Wahl gehen? Es ist doch längst entschieden, dass Schölzel Schultes bleibt. Der Bürgermeister sagt, er hoffe trotzdem auf eine Wahlbeteiligung von mindestens 30 Prozent.