Der 43 Jahre alte Hauptamtsleiter von Löchgau steht politisch „schön in der Mitte“ und will damit Bürgermeister in Weissach werden.

Zum Zeitungstermin in der Ortsmitte von Flacht erscheint Jens Millow zu früh – und nutzt die Wartezeit, um sich vor der Bäckerei Clement kurz mit einigen Bürgern auszutauschen. Millow, der aktuell Hauptamtsleiter der Gemeinde Löchgau im Kreis Ludwigsburg ist und mit Frau und Töchtern in Sachsenheim wohnt, ist der einzige der vier Kandidaten, der nicht aus Weissach kommt. Ein Nachteil? Millow ist zuversichtlich: „Inzwischen kennen mich die Leute“, sagt er. Dass die Bürgerinnen und Bürger zu seinen Wahlständen, etwa auf dem Markt, gezielt kommen, um mit ihm zu sprechen, freut den 43-Jährigen.

 

In kleineren Gemeinden kann mehr bewirkt werden

Warum also von Löchgau nach Weissach? Für das Amt des Bürgermeisters motivierte ihn schon einer seiner Dozenten während des Studiums des gehobenen Verwaltungsdiensts. Nach Stationen im Haupt- und Personalamt der Stadt Stuttgart, als Hauptamtsleiter von Spiegelberg und nun in Löchgau habe er nun genug Erfahrung gesammelt, um diesem Berufswunsch nachzugehen.

Auf die Größe der potenziellen neuen Kommune kam es ihm an, nicht zu klein sollte sie sein – und vor allem nicht zu groß. „Zwischen viereinhalb- und achttausend Einwohnern“ war seine Wunschvorstellung.

Denn: Als Bürgermeister einer kleineren Kommune wie Weissach könne man aus der ersten Reihe mitgestalten, betont der Kandidat, und hat nach der getanen Arbeit im besten Falle auch ein Erfolgserlebnis: „Man sieht immer, was passiert und was man gestalten konnte.“ Bei seiner Stelle in Stuttgart sei das ganz anders gewesen. „Da ist man ein kleines Zahnrad.“

Vereine fühlen sich im Stich gelassen

Von Weissach – einer „schönen Gemeinde mit viel Potenzial und einem ganz regen Vereinsleben“ – ist Millow nach den ersten Wochen im Wahlkampf überzeugt. Dass bei dem ein oder anderen Thema in Weissach, Stichpunkt Greensill etwa, der Haussegen schief hängt, schreckt ihn nicht ab. Immer wieder würden die Bürgerinnen und Bürger ihm erzählen, die Weissacher seien schwierig. „Aber das sehe ich gar nicht so.“

Stattdessen habe er in bisher mehr als 30 Terminen mit Vereinen und anderen Akteuren verspürt, wie sehr man mitgestalten wolle. „Das sind ganz willige Menschen, die wollen was bewegen“, berichtet Millow. Besonders die Vereine aber fühlen sich aus seiner Sicht besonders im Nachgang der Coronakrise im Stich gelassen. „Man wünscht sich mehr Unterstützung vom Rathaus.“ Viele Probleme, etwa Unzufriedenheit über die Situation der Vereine oder über die Personalsituation im Rathaus, seien aber händelbar. Hier will Millow auch auf offene Kommunikation setzen. „Ich bin ein kooperativer Mensch und arbeite gerne im Team.“

Als erstes müssen Stellen besetzt werden

Schritt Nummer Eins als neuer Rathauschef wäre für Millow: „Das Rathausteam auffüllen, damit es wieder schlagkräftig wird.“ Er rechnet fest damit, dass er im Falle eines Wahlerfolgs kein vollständiges Team übernehmen würde. Auch an vielen anderen Punkten will er anknüpfen, etwa in Sachen Fachkräftemangel in den Kitas, Wohnraumentwicklung oder Klimaschutz.

Millow bezieht sich im Gespräch zwar selten auf konkrete Zahlen aus Weissach, dafür aber immer wieder auf Positivbeispiele aus Löchgau: Dort habe man in Sachen Kitabetreuung besonders auf Wertschätzung gesetzt oder Umweltschutz mit mehreren Tausend Quadratmetern Blühfläche angepackt. Grundlage für all das: „Ein ausgeglichener Haushalt.“

Millow will neutrale Position im Gemeinderat

Auf einem politischen Spektrum positionieren will sich Millow nicht. „Ich habe keinen Schmerz damit, schön in der Mitte zu stehen.“ Dass er keiner Partei angehört und obendrein nicht aus Weissach kommt, sieht er als Stärke. „Ich kann im Gemeinderat eine neutrale Position einnehmen.“ Zumal, so erklärt er, viele anerkannte Ziele einer Kommune längst nicht mehr parteigebunden wären. „Klima etwa war lange ein grünes Thema.“ Inzwischen setze man in Löchgau, einer Gemeinde mit CDU-Bürgermeister, aber wunderbar auch grüne Themen um. Mit den Fraktionen hat Jens Millow nach eigenen Angaben schon vor Einreichen seiner Bewerbung Kontakt aufgenommen – und dabei viel Zuspruch erhalten. Man gehe sich hier eben nicht gegenseitig an die Gurgel.

Die Kandidaten stellen sich vor

Termin
 Die Bürgermeisterwahl findet am Sonntag, 3. Juli, statt. Die Gemeinde Weissach organisiert eine öffentliche Kandidatenvorstellung für Samstag, 18. Juni, ab 18 Uhr in der Strudelbachhalle. Die Veranstaltung wird live übertragen, Infos dazu gibt es im Internet auf www.weissach.de.

Ablauf
 Vier Bewerbungen sind eingegangen, alle vier hat der Gemeindewahlausschuss zugelassen. Bei der Kandidatenvorstellung haben alle die Chance, sich zu präsentieren. Im Anschluss haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, Fragen zu stellen.