Die Bundestagsparteien haben sich darauf geeinigt, dass ein neuer Untersuchungsausschuss die NSU-Affäre aufklären soll. Er wird sich vor allem mit der Rolle des Verfassungsschutzes befassen.

Berlin - Vier Jahre nach dem Auffliegen der rechten Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ soll sich ein neuer Untersuchungsausschuss den noch offenen Fragen der NSU-Affäre zuwenden. Darauf haben sich nach Informationen dieser Zeitung die Bundestagsparteien geeinigt. In der kommenden Woche sollen demnach die Parlamentarischen Geschäftsführer den Weg frei machen für den zweiten NSU-Untersuchungsausschuss, der Anfang November seine Arbeit aufnehmen soll. Ein symbolisches Datum – am 4. November 2011 waren die Leichen der mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in einem brennenden Wohnmobil im thüringischen Eisenach gefunden worden.

 

Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hatte es einen NSU-Untersuchungsausschuss gegeben. Das Gremium war Ende Januar 2012 eingesetzt worden und sollte insbesondere Fehler und Versäumnisse in den Sicherheitsbehörden aufklären, die zur Entstehung des NSU und der beispiellosen Mordserie der Terrorgruppe an neun Migranten und einer Polizistin beigetragen hatten. In dem vom Ausschuss am 22. August 2013 vorgelegten, mehr als 1300 Seiten langen Abschlussbericht stellte das Gremium jedoch fest, dass eine ganze Reihe von Fragen in der NSU-Affäre ungeklärt geblieben sind.

Die Zeit nach dem Auffliegen der Terrorgruppe im Blick

Diesen offenen Fragen soll sich nun der neue Ausschuss widmen. Im Mittelpunkt des Aufklärungsinteresses stehen dabei die Aktivitäten des Verfassungsschutzes, des Bundeskriminalamtes und der Bundesanwaltschaft. Anders als im ersten NSU-Ausschuss soll jetzt auch die Zeit nach dem Auffliegen der Terrorgruppe Anfang November beleuchtet werden. Dabei wird es unter anderem um die Frage gehen, warum die Fahnder Hinweisen und Zeugenaussagen, die im Widerspruch zur offiziellen Tatdarstellung stehen, in ihren Ermittlungen nur unzureichend nachgegangen sind. Das bezieht sich etwa auf den Polizistenmord in Heilbronn, die Tatumstände des Mordanschlags in einem Kasseler Internetcafé sowie Spuren, die auf eine Verflechtung des Trios mit der Organisierten Kriminalität und dem Rockermilieu hindeuten. Aber auch die Abläufe rund um den 4. November 2011 in Eisenach und Zwickau will der Ausschuss untersuchen. In der Zwickauer Frühlingsstraße, dem letzten bekannten Zufluchtsort von Mundlos, Böhnhardt und ihrer gemeinsamen Freundin Beate Zschäpe, war wenige Stunden nach dem Fund der Leichen im Wohnmobil die Wohnung des Trios in Brand gesteckt worden.

Viele Ermittlungsfehler sind schon aufgedeckt

Mit den Geschehnissen am 4. November und den sich anschließenden Ermittlungsmaßnahmen befassen sich derzeit die Untersuchungsausschüsse der Landtage in Dresden und Erfurt. Beide Gremien förderten in ihren letzten Sitzungen bereits eine ganze Reihe von groben Ermittlungsfehlern zu Tage, die die offizielle Darstellung der Abläufe an diesem Tag in Frage stellen.

Daneben wird es auch noch einmal um die – wohl mehrere Dutzend – V-Leute gehen, die deutsche Sicherheitsbehörden im näheren und weiteren Umfeld des mehr als 13 Jahre im Untergrund lebenden Terrortrios platziert hatten.