Statt einer S-Bahn-Verlängerung von Weil der Stadt nach Calw scheint nun eine Stadtbahnvariante bis Renningen die Lösung zur Reaktivierung der Schwarzwaldbahn zu sein. Noch liegt das Gutachten unter Verschluss.

Weil der Stadt - Es kommt wieder Bewegung in eine altbekannte Diskussion: Ein neues Gutachten schlägt vor, Calw per Stadtbahn an das Bahnnetz der Region Stuttgart anzuschließen. Der Zug soll dann bis Renningen laufen, dort könnte der Umstiegspunkt zum S-Bahn-Netz entstehen.

 

Seit Jahren schon sinnen Kommunalpolitiker und die Verwaltungen in den Kreisen Calw und Böblingen beispielsweise darüber nach, die Schienen der alten Schwarzwaldbahn zu ertüchtigen. 1983 wurde die Personenverbindung aufgegeben, zuvor pendelten dort regelmäßig Züge von Calw aus in Richtung Weil der Stadt. Damit überhaupt öffentliche Gelder für einen solchen Netzausbau fließen können, muss eine so genannte standardisierte Bewertung den Nutzen der Strecke errechnen. Zuletzt war vor allem von Calw aus eine echte Verlängerung der Stuttgarter S-Bahnen ins Spiel gebracht worden. Das hätte für die Calwer den Vorteil eines direkten Anschlusses an die Landeshauptstadt gehabt. Doch die Gutachter kommen nun dem Vernehmen nach zu einem anderen Schluss. Wirtschaftlicher wäre demnach ein Stadtbahnbetrieb. Und zwar isoliert, zwischen Calw und Renningen. Bekanntlich soll noch in diesem Jahr von der Rankbachstadt aus die S 60 nach Sindelfingen/Böblingen abzweigen, bis Dezember soll der Ausbau abgeschlossen sein. Offenbar erhoffen sich die Gutachter mit diesen Umstiegsmöglichkeiten quasi direkt vors Daimler-Werkstor sowie über Leonberg nach Stuttgart gute Chancen auf die Reaktivierung der alten Bahnstrecke.

Die Bewertung soll erst am 13. Juni endgültig vorliegen, dann der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Doch wie aus den Landratsämtern zu erfahren ist, gibt es vor allem in Böblingen bereits jetzt einen gewissen Sympathiebonus für einen Stadtbahnbetrieb.

In der Calwer Kreisbehörde ist man noch etwas zurückhaltender. „Wir untersuchen natürlich verschiedene Lösungen“, berichtet Thimo Stock von der Stabsstelle des Landrates. Darunter sei ebenso der „große“ Anschluss wie kommunale und Insellösungen. Der Kosten-Nutzen-Faktor müsse stimmen; außerdem sei es nötig, sich mit anderen Akteuren abzustimmen. „Für uns ist eine möglichst gute Anbindung an Stuttgart bedeutend“, sagt Stock. „Uns geht es darum, dass wir im ländlichen Raum nicht abgehängt werden.“ Für die Calwer wäre die direkte Verbindung nach Stuttgart demnach eleganter als das Umsteigen in Renningen. Aber: das wäre auch teurer, hohe zweistellige Millionenbeträge standen bei Kostenberechnungen zuletzt im Raum.

Auch ist das Problem ein politisches: Für den Regionalverband Stuttgart wäre es die erste S-Bahn-Verlängerung über die Regionsgrenzen hinaus. Da eine S-Bahn-Verlängerung schon in den „Regionallandkreis“ Göppingen gescheitert ist, dürfte die politische Durchsetzbarkeit für eine Route nach Calw mehr als fraglich sein. Und es gibt ein zweites Problem mit einer S-Bahn-Verlängerung, sagen Fachleute in den Landratsämtern: Bauherr wäre dann die Bahn. Gerade der Landkreis Böblingen hat mit dem Ausbau der S 60 recht eigene Erfahrungen mit deren Projektmanagement gemacht – seit 2006 sollen zwischen Böblingen und Renningen nämlich die Züge schon rollen.

„Ein Stadtbahnbetrieb könnte problemloser in einer kommunalen Trägerschaft aufgebaut werden und mit der Schönbuch- oder Ammertalbahn haben wir bewiesen, dass wir das sehr gut können“, sagt man selbstbewusst im Landratsamt Böblingen. Einziges Problem bei einem Stadtbahnbetrieb: Der funktioniert wegen des hohen technischen Aufwands kaum als Insellösung.

Groß im Geschäft ist hier die Karlsruher AVG (Albtal-Verkehrs-Gesellschaft). Die gelb-roten Hybridzüge können sowohl im Hochspannungs-Bahnnetz fahren, als auch im klassischen Stadtbetrieb. Mittlerweile reicht das Karlsruher Netz weit über Pforzheim ins Hohenlohische, sowie über Freudenstadt nach Eutingen/Gäu. Das Nagoldtal ist noch fest in Bahnhand und wird von deren Dieseltriebwagen befahren.