Der Blaubeurer Maschinenbauer Centrotherm ist zahlungsunfähig. Durch einen weiteren Personalabbau und eine radikale Senkung der Kosten will das Unternehmen die Rettung in letzter Minute doch noch schaffen.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Blaubeuren - Schon seit Monaten ist bekannt, dass der Maschinenbauer Centrotherm in Blaubeuren (Alb-Donau-Kreis) ums Überleben kämpft. Am Mittwoch hat das Unternehmen mit aktuell rund 1400 Mitarbeitern beim Amtsgericht Ulm Insolvenz angemeldet. Als Grund wird der seit Monaten andauernde konjunkturelle Einbruch der Solarindustrie genannt. Im Vorjahr war ein Umsatz von rund 700 Millionen Euro erzielt worden. Centrotherm hat als erster auf die Solarindustrie spezialisierter Maschinenbauer Insolvenz angemeldet.

 

Wie das börsennotierte Unternehmen in einer Ad-hoc-Mitteilung schreibt, ist beim Amtsgericht ein sogenanntes Schutzschirmverfahren beantragt worden. Sollte der Antrag bewilligt werden, wäre Centrotherm für die Dauer von drei Monaten vor Vollstreckungen und Zwangsmaßnahmen der Gläubiger weitgehend geschützt. Während dieser Zeit will sich der Maschinenbauer, der Solarunternehmen mit Produktionsanlagen zur Herstellung von Silizium, kristallinen Solarzellen und Solarmodulen beliefert, aus eigener Kraft sanieren. Am Mittwoch ist der Sanierungsexperte Tobias Hoefer in den Vorstand berufen worden. Hoefer hatte beispielsweise den Automobilzulieferer Robert Sihn oder den Felgenhersteller ATS saniert. „Da wir weiterhin zahlungsfähig sind, können wir sowohl Kundenaufträge planmäßig abarbeiten wie auch unsere Lieferanten bezahlen“, sagte der Vorstandssprecher Robert Hartung. Allerdings dürften Verbindlichkeiten, die vor der Antragstellung für einen Schutzschirm begründet wurden, nicht beglichen werden. Den Großteil seines Geschäfts macht Centrotherm im asiatischen Raum.

Wie hoch die aktuellen Schulden sind, teilt das Unternehmen nicht mit. Vor rund einem Monat wurde bekannt, dass Kreditversicherer Warenlieferungen an Centrotherm nicht mehr weiter versichern wollten. Zum Beginn des Jahres kündigte der Vorstand einen harten Sparkurs an. Seither wurden 400 Arbeitsplätze abgebaut, am Stammwerk in Blaubeuren wurden 300 Kündigungen ausgesprochen. Die IG Metall kritisierte den Maschinenbauer hart, weil die von Mitarbeitern angestrebte Gründung eines Betriebsrates gezielt verhindert werde. „Es herrscht eine lähmende Angst unter den Beschäftigten von Centrotherm. Es wird auf Kollegen verwiesen, die in der Vergangenheit angeblich vom Management aus dem Betrieb entfernt wurden, weil sie sich offen für eine Betriebsratswahl ausgesprochen haben“, sagte der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Ulm, Reinhold Riebel.

Die Gewerkschaft bemängelte in diesem Zusammenhang, dass Robert Hartung und dessen Vater, die über die Blaubeurer TCH GmbH 50 Prozent der Aktien an Centrotherm hielten, hinter der „aggressiven Ablehnung einer Betriebsratswahl“ stünden. Der Umgang mit den Beschäftigten lasse Respekt vermissen. Die Belegschaft ist laut einer Unternehmenssprecherin bei einer Versammlung am Mittwochmorgen über die Insolvenz informiert worden. Den Mitarbeitern seien weitere Stellenstreichungen angekündigt worden. Das Ziel sei aber, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Wie die Rettung des Maschinenbauers aussehen soll, ist ebenfalls unklar. Eine Investorenlösung ist laut der Sprecherin zumindest nicht ausgeschlossen. „Es gibt einige denkbare Lösungen. Aber da können wir jetzt nichts dazu sagen.“

Die Landesbank Baden-Württemberg hat Hoffnung, dass die angestrebte Sanierung in Eigenregie gelingt. Der LBBW-Analyst Erkan Aycicek schreibt in einer Studie vom Mittwoch, er gehe davon aus, dass das Management versuchen werde, Aufträge aus Algerien und Katar nachzuverhandeln. Zudem werde Centrotherm wohl versuchen, den Druck auf die Banken zu erhöhen, um eine Einigung über eine neue Finanzierung zu erreichen.

Der Kurs des Blaubeurer Unternehmens stürzte am Mittwochmorgen auf ein Rekordtief von 42 Cent pro Aktie. Zu Spitzenzeiten wurde das Papier mit mehr als 60 Euro gehandelt.