Wer keine Leistung bringen kann, hat häufig auch keine Arbeit. Arbeitslosigkeit wiederum bedeutet für viele Menschen Ausgrenzung. Das diakonische Sozialunternehmen Erlacher Höhe hofft auf bessere Integration von Langzeitarbeitslosen durch ein geplantes Gesetz.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Backnang - Eigentlich wollte er Koch werden, doch dann begann er auf Wunsch seiner Eltern eine Lehre als Heizungsbauer. Unwohl fühlte er sich im Handwerk, schmiss die Lehre, war Saisonarbeiter, Lastwagenfahrer, arbeitete mal hier mal dort, schließlich in einer Gastwirtschaft. Er wurde alkohol- und drogenabhängig, kam dank eines Freundes für einige Zeit wieder in die Spur und verdiente in dessen Firma im Rohrleitungsbau gutes Geld. Doch die Sucht kam zurück, er machte eine Therapie, arbeitete danach in einer Schlosserei und einem Entsorgungsbetrieb. Dann setzten Burnout und körperliche Beschwerden am Rücken und den Knien seiner Berufslaufbahn zunächst ein Ende: Seit 2012 ist der 56-Jährige arbeitslos.

 

Seine Erfahrungen hat der Mann am Montag in Backnang im Sommerpressegespräch der Erlacher Höhe zum Thema sozialer Arbeitsmarkt geschildert. Er nennt sich „Herr Schneider“ und will seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen. „Die Arbeitswelt hat sich verändert, die Anforderungen sind gestiegen. Wer ihnen standhält, hat gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, wer nicht, ist auf Hartz IV angewiesen. Dazwischen gibt es kaum etwas“, erklärt Wolfgang Sartorius, der Vorsitzende des diakonischen Sozialunternehmens Erlacher Höhe.

Arbeit statt Sucht

Schneider, der zu 50 Prozent schwerbehindert ist und daher nicht in Vollzeit arbeiten kann, ist seit knapp einem Jahr bei der Erlacher Höhe tätig, wo er bei der mobilen Tagesstätte EH Mobil rund 100 Stunden pro Monat Essen an Bedürftige ausgibt. Der Vorschlag kam von seiner Beraterin beim Jobcenter. „Zuvor habe ich oft gedacht, dass ich das nicht schaffe“, erinnert sich Schneider. „Aber ich will ein suchtfreies Leben führen und ich wusste, ohne Arbeit stürze ich weiter ab.“ Jetzt steht er morgens gerne auf, sein Tag hat wieder eine Struktur. Auf seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit wird Rücksicht genommen. „Ich kann mich auch mal hinsetzen und Pause machen. Ich schaffe die Arbeit sehr gut. Das Angebot bei der Erlacher Höhe war genau das Richtige für mich“, resümiert er.

Derzeit beschäftigt die Erlacher Höhe insgesamt 54 langzeitarbeitslose Menschen. Viele von ihnen sind aufgrund ihres Alters, gesundheitlicher oder psychischer Probleme weniger leistungsfähig. Diese geringere Leistungsfähigkeit müsse durch Zuschüsse ausgeglichen werden, „damit wir als Arbeitgeber kostendeckend tätig sein können. Wir können nicht unwirtschaftlich arbeiten, denn auch wir sind mit unseren Dienstleistungen Teil des Marktes“, erklärt Anton Heiser, Abteilungsleiter der Ambulanten Hilfen der Erlacher Höhe.

Einfallstor für Niedriglöhne?

Wichtig ist es aus Sicht des diakonischen Sozialunternehmens vor allem, die geförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für Langzeitarbeitslose weiter auszubauen. Als guten Schritt in diese Richtung bewertet Wolfgang Sartorius einen aktuellen Gesetzentwurf zur Schaffung neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose, der unter anderem eine längere Förderdauer vorsieht. Allerdings sei es kritisch zu sehen, dass sich dieses Instrument nur an Personen richtet, die für mindestens sieben Jahre arbeitslos waren – „aus unserer Sicht wären fünf Jahre besser“, sagt Sartorius. Ein weiteres Problem: Laut dem aktuellen Entwurf können Arbeitgeber maximal eine Erstattung auf Mindestlohnhöhe erhalten – unabhängig davon, wie hoch das tatsächlich gezahlte Entgelt ist. Sartorius befürchtet, dass das geplante Gesetz somit zum Einfallstor für Niedriglöhne wird. Hier müsse noch nachgebessert werden, fordert er.