Mit 65 Prozent wählte die Partei Maximilian Krah zu ihrem Spitzenkandidaten. Inzwischen könnte sie die Wahl bereuen.

Berliner Büro: Rebekka Wiese (rew)

Es ist noch kein Jahr her, da stand Maximilian Krah vor seiner Partei und strahlte. Es war die Europawahlversammlung der AfD in Magdeburg, die Delegierten hatten Krah eben zum Spitzenkandidaten gewählt – mit gut 65 Prozent. Krah rief ins Mikrofon: „Ich bin natürlich unglaublich glücklich!“ Jetzt sind es noch knapp sieben Wochen bis zur Europawahl. Und es ist fraglich, wie glücklich die Partei umgekehrt inzwischen damit ist, auf Krah als Spitzenkandidaten gesetzt zu haben.

 

Denn für Krah, der seit 2019 für die AfD im Europaparlament sitzt, läuft es derzeit nicht gut. In dieser Woche nahm die Polizei einen Mitarbeiter Krahs in Dresden fest. Der Mann wird verdächtigt, für den chinesischen Geheimdienst gearbeitet zu haben. Inzwischen sitzt er in Untersuchungshaft.

„Ich bin und bleibe Spitzenkandidat“

Deswegen bestellte auch die AfD-Parteispitze Krah zum Gespräch nach Berlin. Das Treffen fand am Mittwochmorgen statt, nach nur 20 Minuten verließ Krah den Fraktionssitzungssaal allein. Danach sagte er, er habe sich kein persönliches Fehlverhalten vorzuwerfen. Er werde am Wochenende beim Wahlkampfauftakt der AfD in Donaueschingen allerdings nicht teilnehmen. „Wenn Sie jetzt aber glauben, das sei das Ende meiner Spitzenkandidatur, dann muss ich Sie enttäuschen. Ich bin und bleibe Spitzenkandidat“, so Krah weiter. Den Mitarbeiter wolle er noch am Mittwoch entlassen. Und doch fällt die Affäre auf Krah zurück. Denn seine Verbindungen ins Ausland – und zwar speziell nach China – sind schon lange umstritten. Wer ist der Mann, der die AfD im Europawahlkampf führt?

Wo Maximilian Krah hinkommt, fällt er auf. Er ist ein großer Mann mit gescheitelten Haaren, tritt stets im Anzug auf, das Einstecktuch fehlt dabei fast nie. Krah ist Rechtsanwalt, hat promoviert, in den USA studiert. Krah steht für einen neuen Typ in der AfD. Er strotzt vor Intellektualität und Extravaganz, ist sehr höflich, sehr gebildet – und äußert sich gern offen rechtsextrem. Begriffe wie „Umvolkung“ gehören zu seinem festen Vokabular, das Gutachten des Bundesverfassungsschutzes, das die AfD als Prüffall einstuft, zitiert ihn mehrmals.

Erfolgreich bei TikTok

Auch auf dem Sozialen Netzwerk TikTok ist Krah aktiv, mehr als 42 000 Follower hat er dort. Bekannt wurde er mit einem Video, in dem er Dating-Tipps gibt. Viele machten sich damals über den Clip lustig. Aber er machte Krah bekannt – vor allem unter jungen Menschen, die die AfD über Tiktok inzwischen besser erreicht als alle anderen Parteien. „Echte Männer sind rechts“, sagt Krah in dem Clip. Der Spruch ist inzwischen sein Markenzeichen geworden.

Dass man sich mit Krah für einen umstrittenen Kandidaten entschieden hatte, ahnten wohl damals schon einige Delegierte in Magdeburg. Als Europaabgeordneter wurde er zweimal von seiner eigenen Fraktion suspendiert. Einmal ging es um Betrugsvorwürfe gegen Krah, das andere Mal warf man ihm vor, im französischen Präsidentschaftswahlkampf nicht Marine Le Pen aus seiner eigenen Fraktion, sondern einen noch rechtsextremeren Gegenkandidaten unterstützt zu haben. Und schon früh gab es Gerüchte über Krahs fragwürdiges Verhältnis zu China – zu dem Thema, was ihn nun einholt.

Bericht über ein deutsch-chinesisches Lobbynetzwerk

Dass es dabei nicht nur um Munkeleien, sondern um weitreichende Vorwürfe ging, wurde spätestens im Herbst deutlich. Damals berichtete das Nachrichtenportal „t-online“ über Krahs Verbindungen nach China – und über ein deutsch-chinesisches Lobbynetzwerk, das über den nun suspendierten Mitarbeiter in Krahs Büro zusammengeflossen sein soll. Die Vorwürfe waren also schon länger bekannt. Ebenso, dass Krah sich sowohl in der AfD als auch im Europaparlament für einen chinafreundlichen Kurs einsetzte.

Krah zählt außerdem zu den AfD-Politikern, die der Nachrichtenplattform „Voice of Europe“ Interviews gaben. Kürzlich setzte der tschechische Geheimdienst das Medium auf seine nationale Sanktionsliste, weil es Teil eines pro-russischen Netzwerks sein soll. Es soll versucht haben, die Europawahlen zu beeinflussen und in dieser Absicht auch Geld an Kandidaten gezahlt haben – Medienrecherchen zufolge angeblich auch an den AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron, der nach Krah auf dem zweiten Platz der Europawahlliste steht. Bystron bestreitet die Anschuldigungen.

Krah empfahl Bystron kürzlich, dieser solle sich wegen der ungeklärten Vorwürfe doch besser im Wahlkampf zurückhalten. Nun muss Krah auch seinen eigenen Wahlkampf anpassen. Berichten zufolge soll sich die Parteispitze entschieden haben, keine Plakate mit Krah drucken zu lassen.