Fremdenführer in China sollen kein Geschäft mit dem Nepp machen. Die Regierung hat dazu eigens ein Gesetz auf den Weg gebracht. Allerdings ist dadurch ein ganzer Berufsstand gefährdet, wie Christian Gottschalk berichtet.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Deutsche und Chinesen eint die Lust am Reisen. Jahrelang hatten wir Teutonen den Titel des Reiseweltmeisters unangefochten inne, inzwischen ist er in Richtung Fernost abhandengekommen. Das liegt natürlich am Geld. Touristen aus der Volksrepublik haben im Jahr 2012 mit 102 Milliarden Dollar erstmals mehr in Auslandsreisen investiert als die Deutschen. Die brachten es – ebenso wie die Amerikaner – auf 84 Milliarden. Das hat die Welttourismusorganisation der UN so berechnet.

 

Da nichts wichtiger ist als eine unbeschwerte Urlaubszeit, ist Handeln angesagt. In Deutschland überfluten Privatsender den Markt mit Pseudodokumentationen, in denen echte Helden verzweifelten Touristen aus der Patsche helfen. „Hilfe, mein Urlaub geht baden“ (Vox), „Urlaub undercover“ (Kabel 1) und „Wir retten Ihren Urlaub“ (RTL) heißen diese Wunderwerke. In China wird die Regierung aktiv. Sie hat jetzt ein Gesetz zum Schutz der Touristen auf den Weg gebracht, das in seinen 111 Artikeln einen echten Knaller enthält: Reiseführer sollen ihre Kundschaft nicht mehr zu Neppgeschäften drängen dürfen.

Deutsche Touristen gelten in China als knausrig

Sollte dieses Regelwerk nicht nur Gültigkeit erlangen, sondern auch befolgt werden, dann wäre ein Berufsstand vom Aussterben bedroht. Viele chinesische Reiseveranstalter zahlen nicht einen Cent Gehalt dafür, dass jemand mit bunten Fähnchen und Megafon eine Gruppe von Weltmeistern beaufsichtigt. Nicht selten gibt sogar der Reiseleiter Geld, damit er diesen Job antreten darf. Den Lohn für das Erklären von Bauwerken bekommt er dann von den Geschäftsinhabern, die seine Gruppe glücklich macht. Es müssen gar nicht so viele Reiseweltmeister einen Luxusladen stürmen, damit sich das lohnt.

Während vor allem deutsche Touristen in China als eher knausrig gelten, wenn sie vom lokalen Fremdenführer in einen Spezialitätenshop geführt werden, geben Chinesen in der eigenen Heimat noch viel mehr Geld aus als im Ausland. Und das könnte noch mehr werden, denn die Regierung senkt die horrend hohen Steuern auf horrend teure Schweizer Luxusuhren. Diese müssten von den Reiseweltmeistern dann nicht mehr bei den Eidgenossen gekauft werden. Ob das reicht, damit Deutschland den Titel zurückerobert, bleibt aber fraglich.