Am Donnerstag feiert China das Neujahrsfest. Das „Jahr des Schafes“ feiern Millionen daheim bei der Familie – und es sorgt für einen Babyboom.

Stuttgart - Schaf oder Ziege? Eigentlich sind die Chinesen, was die beiden Paarhufer angeht, eher gleichgültig. Zumindest dann, wenn es um die Tierkreiszeichen geht. Wenn am morgigen Donnerstag ein Siebtel der Weltbevölkerung das Neujahrsfest begeht, wird schließlich nicht nur das Jahr des Schafs, sondern wahlweise auch dasjenige der Ziege begrüßt. Ins Deutsche übersetzt kann das chinesische Wort yáng nämlich beides bedeuten.

 

Trotz dieser laxen Terminologie versetzt das Datum in China werdende Eltern in Aufruhr. Aus Kindern, die im Jahr des Schafes zur Welt kommen, werden laut chinesischem Volksglauben friedliche, freundliche und moralische Menschen. So gesehen also eigentlich ideale Zeitgenossen. Dennoch sorgte der bevorstehende Jahreswechsel in China für einen Babyboom. Der Grund: Chinesische Eltern fürchten die ebenfalls weit verbreitete Redensart: ,,Neun von zehn Schafen werden ein unglückliches Leben führen.“ Und irgendetwas könnte ja an der Sentenz dran sein – man weiß ja nie.

Im Extremfall droht ein Kaiserschnitt

Um dem Nachwuchs erschwerte Bedingungen zu ersparen, drängten nun viele Eltern darauf, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen. In den harmloseren Fällen geschieht dies mittels sorgfältig durchdachte Verhütung; im Extremfall kann das aber auch so weit gehen, dass auf einen Kaiserschnitt bestanden wird – Hauptsache, das Kind kommt noch vor Beginn des Schafjahres zur Welt.

Als ,,vollkommenen Quatsch“ bezeichnet derlei Befürchtungen Gu Jun, Soziologieprofessor der Universität Shanghai. Er sieht den Ursprung des Aberglaubens in der Zeit der Qing Dynastie (1644- 1911), als Teile der Bevölkerung die politischen Fehlentscheidungen der Kaiserwitwe Cixi (1835- 1908) und auch ihre Machtbesessenheit auf ihr Geburtsjahr zurückführten. Cixi wurde im Jahr des Schafes geboren.

So alt ist der Aberglaube gar nicht

Doch weder die Haltung von aufgeklärten Personen wie dem Soziologieprofessor noch die lange Liste prominenter Schafe – der Künstler Michelangelo (1475), Microsoft-Gründer Bill Gates (1955), Schauspieler Bruce Willis (1955), Tennisstar Boris Becker (1967) wie auch Apple-Gründer Steve Jobs (1955) zählen zu dieser Gattung – ändern etwas an der Tatsache, dass chinesische Eltern den Nachwuchs nach Möglichkeit nicht im Jahr des Schafes zur Welt bringen wollen.

Geradezu gegensätzlich verhält es sich, wenn alle zwölf Jahre das Jahr des Drachen ansteht. Der Drache, welcher seit jeher das Symbol des Kaisers war, verkörpert wie kaum ein anderes Symbol Stärke und Macht. Kinder, die im Jahr des Drachen zur Welt kommen, werden als Glückskinder betrachtet, denen ein langes, gesundes und erfolgreiches Leben bevorsteht.

Sehr gut: im Jahr des Drachen geboren werden

So verwundert es kaum, dass es im Jahr 2012, dem bislang letzten Jahr des Drachen, zu starkem Andrang auf den Säuglingsstationen Chinas kam. Denn wer möchte seinem Spross nicht solch einen privilegierten Start ins Leben ermöglichen?

Den Kindern, die im Jahr des Schafes zur Welt kommen, bleibt dagegen nichts anderes übrig, als sich an ihren prominenten Schafsgenossen zu orientieren und eine ihnen nachgesagte Eigenschaft möglichst zu vermeiden: den Pessimismus.