Ist wildes Feiern ein Privileg der Jungen? Retro-Partys sind in Stuttgart im Trend. Für den 9. Mai laden die Macher der „Perfect Lovers“ und des N-Pir zum Comeback. Die „Schwulen-Mutti“ muss den Start von Tom’s Bar verschieben.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - In der Nacht vor Christi Himmelfahrt geht in Stuttgart die Reise zurück in die Jugend – und doch gleichzeitig nach vorn. Uwe Reiser, der 1997 seine Partyreihe „Perfect Lovers“ gestartet hat, die zu einer der erfolgreichsten House-Events des wilden Südwesten geworden ist, will es noch mal wissen. „Eine Nacht in Ekstase voller Lust und Begierde“, verspricht der Vater von zwei Kindern, wenn er im Aerclub in Stuttgart, Büchsenstraße 10, um 22 Uhr die Ü-40-Gemeinde zu „The Return Of Perfect Lovers“ empfängt.Etwa 800 Gäste werden erwartet . „Die Erinnerungen der Vergangenheit werden neu interpretiert“, sagt er. Damit meint er, dass es kein Zurück geben soll, sondern dass man lieber aus dem Erlebten von einst was Neues schaffen will. Um Stillstand und nostalgischer Verklärung geht es beim neuen Retro-Spaß demnach nicht.

 

Sascha Gerecht feiert in der Sansibar

Ist es ein Zufall? In der selben Nacht schlägt eine weitere Stuttgarter Partylegende an einem anderen Ort zu. Sascha Gerecht, der 2009 seinen House-Club N-Pir in Feuerbach geschlossen hat, wo er jahrelang als DJ Pate No 1. aufgelegt hat, feiert ebenfalls am 9. Mai mit den Stammgästen von einst eine Revivalparty in der Sansibar bei Breuninger. Beginn ist hier um 21 Uhr. „Gold fever“ lautet das Motto bei ihm. Der goldene Teppich wird ausgerollt, wenn drei DJs auflegen. 250 Karten zum Preis von 19 Euro werden verkauft und gleichzeitig 50 Promis wie Dschungelkönig Marc Terenzi, Ex-VfB-Star Timo Hildebrand und Boxerin Regina Halmich erwartet – allesamt Freunde von Sascha Gerecht, der in den USA als „german tank“ bekannt geworden ist.

Neuer Eröffnungstermin für Tom’s Bar steht noch nicht fest

Beim Älterwerden muss nicht alles vorbei sein. Dies wollen die Clublegenden mit ihren vielfältigen Aktivitäten beweisen. Auch Laura Halding-Hoppenheit, bekannt als „Schwulen-Mutter von Stuttgart“, packt es noch mal an. Eigentlich wollte sie bereits am 1. Mai ihr neues Lokal Tom’s Bar an der Pfarrstraße 13, also am Rande des Rotlichtbezirks, in dem früheren Animierschuppen Olga’s Bar eröffnen. Doch der Start des künftigen Treffs von älteren Homosexuellen hat sich verschoben. „Der Vertreter der Brauerei hatte ein Unfall“, berichtet sie. Außerdem sei die neue Fassadenschrift nicht rechtzeitig geliefert worden. „Wenn über dem Eingang noch Olga’s Bar steht, glauben die Horror-Männer, eine neue Olga in Rot ist auferstanden“, scherzt die rothaarige Chefin des Kings Club.

Inzwischen ist „Tom’s Bar“ in roten Buchstaben unweit des Züblin-Parkhauses deutlich zu sehen. Neue Bistrotische seien nun auch da. „Es sind nur noch Kleinigkeiten, die wir machen müssen“, berichtet die gebürtige Rumänin, „es dauert nicht mehr so lange wie beim Flughafen in Berlin, bis wir loslegen können.“ Den Eröffnungstermin werde sie in Kürze bekannt geben. Es müsse bei ihr „alles perfekt“ sein.

„Alles war hier sehr familiär“, sagt DJane Alegra Cole

Mit Perfektion kennt sich Uwe Reiser, der Chef der Agentur Loveacademy, bestens aus. Bei seiner Perfect-Lovers-Party in Zürich hat er seine Frau Daneila kennengelernt, die er am 8.8.08 geheiratet hat. Gefeiert wurde mit 400 Gästen im Aer-Club. Das Plakat zur „Wedding Edition“ hängt heute in Reisers Schlafzimmer, wie er verrät. Diesen Termin wählte er, weil er ein Mann sei. „Männer sind vergesslich“, sagt er. Seinen einprägsamen Hochzeitstermin aber vergesse er nicht.

An seinem 40. Geburtstag – es war das Jahr 2011 – hat er seinen Abschied aus dem Nachtleben gefeiert. Seine Party-Karriere war beeindruckend. Mit der Reihe „Perfect Lovers“ tourte er durch Europa. Es gibt auch einen Kinofilm davon. „Das Besonders an den Partys war die tolle Musik – vocal house – und die Dekoration, die heutzutage leider oft auf Events vergessen wird“, sagt DJane Alegra Cole, die als Studentin bei Uwe Reiser gejobbt hat. Noch eines hat ihr gut gefallen: „Man konnte hier immer liebenswürdige Menschen kennen lernen, es war alles sehr familiär.“

2011 hatte Reiser seine Gesellschaftsanteile am Aer-Club und der Boutique Geschwisterliebe sowie alle Veranstaltungsreihen verkauft und seinen Beratervertrag mit der Grace Bar im SI-Centrum beendet. Er ging in eine lange Elternzeit. Zum 20-Jährigen von „Perfect Lovers“ kamen vor einem Jahr so viele Besucher, dass er beschloss, sein „Baby“ immer mal wieder zum Leben zu erwecken. Für kommenden Mittwoch bittet Uwe Reiser erneut zum Comeback – bestimmt nicht zum letzten Mal.