Am ersten richtigen Frühlingswochenende zieht es Spaziergänger und Radler auf den Kappelberg. Das städtische Ordnungsamt stellt 17 Anzeigen wegen unerlaubten Fahrens aus, derweil appellieren die Jäger an Autofahrer und Hundebesitzer.

Fellbach - Blauer Himmel, strahlender Sonnenschein und überall Blütenknospen: Mit dem warmen Wochenendwetter ist der Frühling in seiner ganzen Pracht ins Land eingezogen. Viele Fellbacher hat es hinaus in die Natur gezogen. Die meisten sind zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, wo immer möglich mit Abstand. Die Einschränkungen wegen der Corona-Krise beeinflussen auch das Freizeitverhalten.

 

Am Sonntagnachmittag herrscht am Fuß des Fellbacher Hausbergs reger Park-Such-Verkehr

„Es war relativ viel los, aber insgesamt waren die Menschen sehr diszipliniert“, sagt Peter Bigalk, der Leiter des Fellbacher Ordnungsamts. Auch die Mehrzahl der Autofahrer hielt sich an das neue Fahrverbot auf dem Kappelberg. „Wir haben am Samstag zehn und am Sonntag sieben Fahrzeuge, die keine Berechtigung hatten, zur Anzeige gebracht. Das kostet 30 Euro pro Auto.“ Im Vergleich zum ersten Wochenende mit Sperrung – und an die 80 Anzeigen – habe sich das Verhalten damit deutlich verbessert, erklärt der Ordnungsamtschef.

Am Sonntagnachmittag herrscht am Fuß des Fellbacher Hausbergs reger Park-Such-Verkehr. Ab und an fährt aber auch ein Auto an der Sperre vorbei in Richtung Kappelberg. Gartenbesitzer und Anlieger dürfen das. Ein jugendlicher Mopedfahrer und sein Sozius umkurven ebenfalls das Verbotsschild. Die Polizei kann nicht überall sein, doch sie zeigt Präsenz – in Uniform, aber auch in Zivil.

Schließlich gilt auch unter freiem Himmel die Abstandsregel

Um dem ausufernden Freizeitverkehr Einhalt zu gebieten, hat die Stadt Fellbach seit mehr als einer Woche den Kappelberg für Fahrzeuge – Ausnahme sind Anlieger und Gartenbesitzer – gesperrt und im Vorfeld angekündigt, an Samstagen und Sonntagen scharf zu kontrollieren.

Schließlich gilt auch unter freiem Himmel die Abstandsregel, und wenn Spaziergänger, Radfahrer und Autos gleichzeitig die schmalen Weinberg- und Wanderwege nutzen, schmilzt der Sicherheitsabstand oft genug auf Zentimeter zusammen. Also hat die Stadt entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen, die offensichtlich gefruchtet haben. „Im Vergleich zum vergangenen Wochenende war es diesmal draußen sehr moderat“, berichtet der Ordnungsamtsleiter. Auch in der Stadt seien aus seiner Sicht die Verbote weitgehend beachtet worden. „Es ist wie im Straßenverkehr. Die meisten halten sich an die Regeln, und ein paar beachten sie nicht. Aber die Mehrzahl ist einsichtig und leistet den Anordnung Folge.“

Während hie und da „sicher auch mal ein paar enger beieinander stehen“, als sie dürften, berichtet Bigalk, sei es relativ einfach den Überblick bei den Fahrverboten zu behalten. Die Gartenbesitzer stellten ihre Autos direkt am Grundstück ab oder könnten ihr Flurstück nennen.

Stefano Parisi, Jäger aus Fellbach, würde sich wünschen, dass das eingeschränkte Fahrverbot auch nach der Corona-Krise bestehen bleibt

Fahrzeuge, die rund ums Waldschlössle parkten, seien angezeigt worden, erläutert Peter Bigalk. „Sollte da ein Gartenbesitzer dabei sein, kann er uns den entsprechenden Nachweis erbringen, dann ziehen wir die Anzeige zurück.“ Und die Kontrollen sollen weitergehen. „So lange Verbote und Sonderregelung bestehen, sind wir regelmäßig auf dem Kappelberg unterwegs“, sagt Peter Bigalk. Sobald die Gaststätten auf dem Kappelberg wieder offen haben, müsse der Weg hoch zum Waldschlössle allerdings wieder geöffnet werden. „Der Kappelberg ist halt einfach ein Naherholungsgebiet, das von vielen genutzt wird.“

Stefano Parisi, Jäger aus Fellbach, würde sich wünschen, dass das eingeschränkte Fahrverbot auch nach der Corona-Krise bestehen bleibt. Vor zwei Wochen hat er ein Reh beim Kernenturm töten müssen, das zum Opfer einer verbotenen nächtlichen Autofahrt geworden war und mit gebrochenem Rückgrat liegengelassen wurde. Eine Anwohnerin aus dem Rotkehlchenweg berichtet außerdem, dass sie häufig nachts Scheinwerfer in den Weinbergen aufblitzen sieht.

Die Baubürgermeisterin Beatrice Soltys weiß ebenfalls um nächtliche Bergfahrten

Peter Bigalk kennt das Problem, auch wenn er der Meinung ist, dass die nächtlichen Auto-Ausflüge auf den Fellbacher Hausberg in Corona-Zeiten stark zurückgegangen sind. „In den Kappelberg kann man von vielen Richtungen hineinfahren, das können wir nicht kontrollieren, das stemmen wir personell nicht.“ Zumal nur Verkehrszeichen den Eindringlingen den Weg versperren, aber keine Schranken sie daran hindern. „Das wollen die nicht, die Wald und Wengert bewirtschaften, und das ist in der Praxis auch nicht umsetzbar.“ Die Baubürgermeisterin Beatrice Soltys weiß ebenfalls um nächtliche Bergfahrten. „Derzeit greift auch hier unsere Sperrung, aber wir werden uns nach der Corona-Krise Gedanken darüber machen müssen.“

Ein anderes Problem könnte schnell zu lösen sein, sagt Stefano Parisi. „Wir haben an diesem Wochenende wieder zwei Rehe verloren, angerissen durch Hunde“, erzählt der Jäger. In Corona-Zeiten sei der Waldspaziergang für viele wichtig, aber gerade jetzt in der Schonzeit, in der es viele Tierkinder gibt, sollten die Hunde an der Leine bleiben. „Wir haben kein Recht so in die Natur einzugreifen. Als Jäger und Naturliebhaber ist es für mich immer eine brutale Katastrophe, wenn ich die zu Tode gehetzten Tiere, die sich teils in Zäunen verfangen, nach Stunden, oft auch erst am nächsten Tag, erlösen kann.“ Parisi wünscht sich, dass die Hundehalter in dem Punkt umdenken. „Wir haben im Moment extrem viele gerissene Rehe. Und das liegt wohl auch daran, dass gerade sehr viel los ist auf dem Kappelberg.“