Die Ohrwürmer von ABBA sind 38 Jahre nach dem Ende des schwedischen Quartetts längst Evergreens – und unvermindert beliebt, wie sich aktuell zeigt.

Stuttgart - „My, my, at Waterloo Napoleon did surrender!“: Als zwei junge Schwedinnen beim Eurovision Song Contests 1974 diese Worte schmettern, beginnt eine internationale Musikkarriere ungeahnten Ausmaßes. Anni-Frid Lyngstad, Agnetha Fältskog und ihre Partner Benny Andersson und Björn Ulvaeus sichern der Musiknation Schweden in Brighton den ersten ESC-Sieg und es beginnt ein Jahrzehnt der Abba-Mania mit einem Welthit nach dem nächsten anderen.

 

Auch 38 Jahre später bleiben ABBA mit mehr als 380 Millionen verkauften Tonträgern, einem eigenen Museum und Musical eine der erfolgreichsten Gruppen der Musikgeschichte. Sie spielen in einer Liga mit den Beatles, den Rolling Stones und Metallica. An der Beliebtheit der Schweden scheint sich nichts zu ändern. Der vierstündige ABBA-Abend auf Pro7 mit dem legendären Wembley-Konzert von 1979 erreichte am Dienstag 1,71 Millionen Menschen oder 5,1 Prozent der Zuschauer und brachte viele dazu, sich im Netz weiter mit der Band zu beschäftigen.

Der Weg nach oben war steinig

Was viele nicht ahnen: ABBAs Weg in den Pophimmel war durchaus steinig. Björn Ulvaeus blitzte zunächst ab mit seinen grandiosen Popsongs: Ungehört ab in die Mülltonne der Musikproduzenten, das sei das Schicksal von Demotapes schwedischer Bands noch in den frühen 70er Jahren gewesen, sagt er in der Doku „Abba forever: The Winner take it all“ von Chris Hunt.

Und nach dem „Waterloo“-Hit kam erst einmal gefährlich lange – 18 Monate lang – kein weiterer Chart-Hit. Nicht, weil die Band nichts lieferte, sondern weil sie ihrer Startrampe wegen nicht für voll genommen wurde. „Alle hatten beschlossen: Das ist eine dieser Eurovisions-Gruppen. Also haben die nur eine Hitsingle, danach vergisst man sie wieder“, erklärt Ulvaeus das Phänomen.

Erfolg macht verdächtig

Nirgends sei man dem Erfolg von Abba so kritisch gegenüber gestanden wie in Schweden selbst, erinnert sich Anni-Frid Lyngstad. Das Land sei stark links geprägt gewesen, bis ins Musik- und Mediengeschäft hinein, und den Linken sei kommerzieller Erfolg suspekt gewesen. Wenn das ein klein bisschen eisig schnippisch klingt, kann das auch daran liegen, dass Lyngstad später einen Adligen heiratete und zur Prinzessin Anni-Frid Synni von Reuß, Gräfin von Plauen wurde.

Dann aber kommt der Durchbruch und ABBA regieren unangefochten den Pophimmel mit Hits wie „SOS“, „Mamma Mia“, „Fernando“ und „Dancing Queen“. Was sie veröffentlichen, wird zu Gold. Millionen Menschen in aller Welt verfallen in ABBA-Hysterie. Die blonde Agnetha und die brünette Frida harmonieren perfekt als Gesangsduo, und die Fans sind hin und weg, wenn sie auf der Bühne stehen und im Takt wippen. Alle wollen Agnetha, Björn, Benny und Frida in ihren schrillen Outfits sehen. Stärker noch als die US-Discowelle gelten ABBA heute als Inbegriff der 70er-Popmusik.

Nicht bloß Musik für Mädchen

1982 ist Schluss – Erschöpfung und persönliche Spannungen führen zu einer Band-„Pause“, die bis heute anhält – auf die 2018 angekündigten neuen Songs „I still have Faith in you“ und „Don’t shut me down“ warten Fans bislang vergebens. Doch Band blieb über ihr Ende hinaus so populär wie das sonst bloß den Beatles vergönnt war.

In dem Film „Muriels Hochzeit“ träumt Toni Collette als ungelenke Singlefrau zu ABBA-Songs von ihrer Märchenhochzeit. Das ABBA-Musical „Mamma mia“ war höchst erfolgreich, und schon zwei Kinomusicals oller Abba-Hits unter dem selben Titel lockten Mütter und Töchter – und in manchen Fällen wohl schon Omas, Töchter und Enkelinnen in die Säle.

Bono, Sänger der irischen Popstars U 2, erinnert sich in „ABBA forever“, warum die Band bei seinesgleichen von vornherein durchfiel: „Die machten keine Musik für Jungs. Die machten Musik für Mädchen.“ Wie Millionen anderer Jungs hat dann auch Bono begriffen, dass das Leben mit Mädchen leichter fällt, wenn man nichts gegen ABBA hat. Auch er zählt heute zu den Bewunderern des schwedischen Quartetts.