Knapp ein Drittel der Kosten für Autofahrer entfällt auf den Treibstoff, aber auch der Rest – wie Ersatzteile und Reparaturen – verteuert sich.

Stuttgart - Autofahren wird immer kostspieliger. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind die variablen Pkw-Kosten – also für Ersatzteile, Reparaturen und Sprit – zwischen 2001 und 2011 um satte 38 Prozent gestiegen. Am stärksten verteuert haben sich, wen wundert’s, Benzin und Diesel. Insofern überrascht es nicht, dass in jährlichem Abstand die Debatte über zu hohe Spritkosten aufflammt. Benzin und Diesel sind der spürbarste Kostentreiber des Autofahrens – und damit auch der größte Aufreger im Land.

 

Trotz aller Aufregung: nicht nur Tanken kostet Autofahrer Geld. Laut Statistischem Bundesamt entfallen auf Sprit und Motorenöle im Schnitt gerade mal 29 Prozent der Gesamtkosten der Fahrzeughaltung. Für Autobesitzer gäbe es also gute Gründe, sich auch über die anderen Kostenblöcke ihrer individuellen Mobilität aufzuregen. So sind beispielsweise die Gebühren für Tüv-Untersuchungen in den vergangenen zehn Jahren fast exakt in gleichem Maße gestiegen wie der Preis für Superbenzin, nämlich um sagenhafte 51,6 Prozent. Auch Autobatterien haben sich in diesem Zeitraum um knapp die Hälfte verteuert, Zündkerzen um mehr als ein Drittel, die Kfz-Steuer um beinahe ein Drittel. Autofahren macht das Leben teurer, das zeigt ein Vergleich zur allgemeinen Preisentwicklung; die lag in diesem Zeitraum bei gerade mal 17,1 Prozent.

Warum aber entlädt sich der ganze Frust der Autofahrer immer nur an den Zapfsäulen und nicht in den Werkstätten oder beim Tüv? Das hat zuvorderst mit der Häufigkeit des Tankvorgangs zu tun. Zur Tüv-Hauptuntersuchung fährt man alle zwei Jahre, die Batterie wechselt man alle vier Jahre, die Kfz-Steuer wird lautlos jährlich abgebucht, nur an Tankstellen fährt der Autobesitzer täglich vorbei. Zudem vollzieht sich die Preisentwicklung beim Kraftstoff immer über die gesamte Republik einheitlich nach oben oder unten. Steigt der Preis, regen sich Autofahrer von Freiburg bis Flensburg gemeinsam auf.

Tanken macht keinen Spaß. Nie und nirgends.

Eine vergleichbare Welle der Betroffenheit bildet sich beispielsweise nicht, wenn die Bäckerei nebenan die Brötchen im Preis erhöht, die Espressobar das Tässchen Kaffee verteuert, der Landgasthof am Bodensee den Übernachtungspreis „den gestiegenen Kosten anpasst“. In solchen Fällen treffen die Preissteigerungen jeweils ja nur immer einen bestimmten Personenkreis.

Entscheidend ist, dass sich die meisten sonstigen Produkte und Dienstleistungen nur schwer vergleichen lassen. Denn jeder Konsument hat spezielle Vorlieben, für die er bereit ist, unterschiedliche Preise zu akzeptieren. Dass der Kaffee an der Strandpromenade von Sylt mehr kostet als in der Fußgängerzone von Recklinghausen, nimmt man selbstverständlich in Kauf. Beim neuen und teureren Mercedes- oder VW-Modell gilt dasselbe: Immerhin hat der Wagen jetzt ESP und Navi an Bord. Diese Weiterentwicklungen lässt sich der Kunde gerne etwas kosten. Tanken dagegen macht keinen Spaß, nie und nirgends. Das Produkt ist austauschbar und einheitlich, genauso wie Strom oder die Telefoneinheit. Dem Kunden ist die Herkunft egal, er schaut hier nur auf den Preis. Ob der Saft aus der Steckdose von der EnBW oder von Eon kommt, die Lampe brennt. Egal ob Aral oder Esso, der Motor brummt.

Statistiker verraten wie der Autofahrer Geld sparen kann

Wirtschaftswissenschaftler sprechen bei austauschbaren Produkten von homogenen Gütern, geeignet für den vollkommenen Markt, geeignet auch für vollkommene Aufregung. Und die ist seit Tagen wieder in Berlin gelandet. Der kleine Koalitionspartner in der Bundesregierung, die FDP, versucht, aus dem Thema Honig zu saugen. Parteichef und Vizekanzler Philipp Rösler hat bekräftigt, dass er an seiner Forderung nach einer höheren Pendlerpauschale festhält. Diese könne ein Thema bei dem nächsten Koalitionsausschuss werden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will sich an der Aufregung nicht beteiligen. Er lehnt bis jetzt auch eine Senkung von Mineralöl- oder Mehrwertsteuer beim Benzin ab. Sein Sprecher betonte, es gebe keine Planungen, ob ab einem bestimmten Benzinpreis Änderungen an dieser Haltung anstünden.

Auch die Wirtschaftslobby zeigt sich im Aufregerthema der Karwoche bis jetzt ungewohnt gelassen. „Bei zwei Euro an der Preistafel fängt die Konjunktur an zu knirschen“, sagt der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans-Heinrich Driftmann. Für etwaige Preissteigerungen sieht Driftmann also noch Luft nach oben von beinahe 20 Prozent. Derzeit werden an den Tankstellen für den Liter Super rund 1,70 Euro bezahlt.

Übrigens verraten die Statistiker in Wiesbaden ganz nebenbei, wie der Autofahrer momentan Geld sparen kann. Er sollte sich jetzt einen neuen Wagen kaufen. Liegen die Preissteigerung der vergangenen zehn Jahre mit einem Plus von 10,8 Prozent doch niedriger als die Inflation.