Mit seiner Hündin Kira ging Gerrit Klein gerade Gassi, als ihn die Nachricht über Kopfhörer erreichte: Sein Antikriegsfilm „Der Fuchs“ ist gleich fünffach für den Deutschen Filmpreis nominiert. „Ich hab’ geschrien vor Freude“, berichtet er.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Die Lola ist mit knapp drei Millionen Euro Preisgeld der höchstdotierte Kulturpreis in Deutschland. Nach dem Vorbild des Oscars entscheidet eine Filmakademie aus allen Sparten der Branche, wer nominiert wird für diese Auszeichnung. Als Kulturstaatsministerin Claudia Roth live im Fernsehen feierlich bekannt gab, wen die Jury für den Deutschen Filmpreis auserkoren hat, ging der Ludwigsburger Produzent, Schauspieler und Autor Gerrit Klein gerade Gassi mit seiner Hündin Kira. Über Kopfhörer verfolgte der 32-Jährige die Übertragung.

 

Dass sein Antikriegsfilm „Der Fuchs“ gleich fünfmal auserwählt werden sollte – damit hatte er nicht gerechnet, weshalb er nicht zu Hause geblieben war vor dem Fernsehgerät. „Als wir in der Kategorie Bester Spielfilm genannt wurden, hab’ ich laut geschrien“, berichtet Klein, „denn ich konnte es nicht fassen.“ Auf der Hundewiese hätten ihn die anderen Herrchen und Frauchen irritiert angeschaut.

Bereits eine Nominierung für die Lola bedeutet, dass Geld fließt für die nächste Produktion. Die Prämie in der Kategorie Bester Spielfilm beträgt 250 000 Euro. Im Fall eines Gewinns kommt dieselbe Summe noch mal dazu. Weitere Nominierungen für den „Fuchs“ gab es in den Kategorien Bestes Drehbuch, Bester Hauptdarsteller, Beste Kamera und Beste Visuelle Effekte.

Damit ist der jungen Ludwigsburger Produktionsfirma Giganten Film mit einem ambitionierten Spielfilm, der in Deutschland nur kurz in den Arthaus-Kinos blieb, ein Überraschungserfolg geglückt. Chancenlos gehen Gerrit Klein, sein Regisseur Adrian Goiginger und Hauptdarsteller Simon Morzé nicht ins Rennen – ihr „Fuchs“ zählt zu den drei Filmen mit den meisten Nominierungen, kommt nach dem Drama „Sterben“ von Regisseur Matthias Glasner (neunmal nominiert) und dem Thriller „Die Theorie von Allem“ (sechsmal).

Für diesen Historienfilm mit klarer Antikriegsbotschaft haben zwei Freunde jahrelang gearbeitet: Gerrit Klein und Adrian Goiginger lernten sich auf der Filmhochschule in Ludwigsburg kennen und gründeten nach dem Studium das Unternehmen Giganten Film. Deutschland-Premiere feierte ihr erster gemeinsam Spielfilm im vergangenen April im Ludwigsburger Kino Scala. Die Geschichte rührte das Premierenpublikum zu Tränen.

Im Film „Cranko“ spielt Gerrit Klein die große Liebe des Ballettdirektors

Schon als Teenager stand der in Bonn geborene Gerrit Klein auf der Bühne oder vor der Kamera. Seine Karriere als Schauspieler führte ihn zu Erfolgsserien wie „Inga Lindström“ oder „Kreuzfahrt ins Glück“. Fürs ZDF spielte der Wahl-Ludwigsburger (nach der Filmhochschule blieb er hier) den Pfarrerssohn bei den „Herzensbrechern“. Im Dienste von RTL gab er den Serienschönling in „Sunny“, und er wird in dem in Stuttgart gedrehten Spielfilm „Cranko“ von Joachim Lang als große Liebe des Ballettdirektors zu sehen sein.

In „Der Fuchs“ erzählt der Österreicher Adrian Goiginger die Geschichte seines Großvaters Franz. In den 1920ern hatten die Eltern für den jungen Franz in ihrer Pinzgauer Berghütte nicht genügend zu essen. Mehr als eine Kartoffel bekam er mittags nicht. Sie gaben das Kind an einen Großbauern ab. Bei ihm musste er als Knecht wie ein Sklave schuften. Mit 18 haut er ab und schließt sich der Wehrmacht an, er muss in den Krieg nach Frankreich.

Großes Gefühlskino

Einem Fuchswelpen, dessen Mutter in einer Falle stirbt, rettet Franz das Leben und zieht ihn groß. Eine Liebe zwischen Mensch und Tier entsteht, die großes Gefühlskino ist. Der Urgroßvater hat die Geschichte seinem Enkel Adrian erzählt, als dieser 17 war – und musste damals weinen, obwohl er sonst nie Empfindungen zeigte. Dem Jungen war klar: Daraus muss er einen Film machen!

Zwar war der vom SWR und von der MfG mitfinanzierte Film „Der Fuchs“ nach der Premiere im April 2023 kein Kassenknüller (heute kann man ihn bei Streamingdiensten herunterladen) – doch jetzt hat er es zur Preisverleihung des Deutschen Filmpreises im Mai in Berlin geschafft. Dies dürfte für erneutes Interesse sorgen und möglicherweise für neue Spielzeiten in den Kinos.

Ein Welpe soll Großes bewirken

Gedreht hat das Filmteam der Ludwigsburger Giganten mit insgesamt sechs Füchsen, mit zwei erwachsenen Tieren und vier Welpen, die von zwei Tiertrainern an ihre Filmaufgaben herangeführt wurden. Dabei sind Szenen entstanden, die unter die Haut gehen. Die Liebe von Mensch und Tier lässt den Schrecken des Kriegs für schöne Augenblicke vergessen. Mit berührenden Einzelschicksalen, sagt der Regisseur, lässt sich viel besser aufzeigen, was den Schrecken des Militärs ausmacht, als mit den nüchternen Zahlen von Opfern. „In einem Krieg stecken immer viele menschliche Tragödien“, sagt er. „Der Fuchs“ ist ein eindringlicher, äußert emotionaler Appell, alles zu tun, damit Kriege keine Chance haben oder damit sie rasch beendet werden. Ein Welpe soll Großes bewirken.

Die fünf Nominierungen für den „deutschen Oscar“, wie die Lola genannt wird, geben der jungen Produktionsfirma aus Ludwigsburg Schwung für die nächsten Pläne – und sie zeigen, wie hoch das Niveau beim Filmemachen in Baden-Württemberg ist.