Zwei Journalistinnen des Moskauer Senders „Russia today“ haben gekündigt. Sie mochten die Propaganda in der Krim-Krise nicht mehr mitmachen.

Moskau - Kündigung vor laufender Kamera, noch dazu in einer Nachrichtensendung – das hat Seltenheitswert und ist nicht ungefährlich. Jedenfalls nicht in Russland, wo der Kremlchef Wladimir Putin das Meinungsmonopol hat. Doch Liz Wahl hatte gute Gründe dafür. Sie könne nicht „für einen von der russischen Regierung finanzierten Sender arbeiten, der die Taten Putins beschönigt“. Damit meinte sie die Entwicklungen in der Ukraine und den russische Druck auf der Krim.

 

Wahl ist nicht die einzige US-Amerikanerin, die bei dem staatsfinanzierten Sender „Russia today“ als Moderatorin arbeitet. Der Sender soll mit Vollprogrammen in Englisch, Spanisch und auf Arabisch dafür sorgen, dass die Welt Russland so sieht, wie es gern wäre: sympathisch und weltoffen. Bis zur Krimkrise funktionierte das prima. Rasant geschnittene Trailer mit Techno-Sound suggerieren: Wer diese Dokumentation nicht sieht, wird in diesem Leben nicht mehr glücklich. Reporter sind bei Krisen und Events aller Art in rekordverdächtigem Tempo vor Ort. Mitarbeiter wie Liz Wahl präsentieren die Nachrichten fremdsprachlich perfekt. Der US-Quasselkönig Larry King, inzwischen 79 Jahre alt, bekam hier wieder eine eigene Talkshow.

Propaganda, dozierte Putins Pressesprecher Dmitri Peskow kürzlich, sei „ein unveräußerliches Attribut eines jeden Staates“. Auch Russland müsse ein solches Instrument haben. Eines, mit dem die Kremladministration inzwischen sehr gekonnt umgeht. Russia today, wo seit der Gründung 2005 die damals erst 27-jährige, einstige Provinzjournalistin Margarita Simonjan das Kommando führt, hat es in puncto Propaganda längst bis in die Champions League geschafft. Der Sender wird in den USA dreizehn Mal häufiger gesehen als die Deutsche Welle, ist auch in deutschen Kabelnetzen zu empfangen und lehrt weltweit inzwischen sogar dem Erzkonkurrenten Al Jazeera das Fürchten.

Der Sender reagiert verschnupft, kann aber nicht viel machen

Nun macht der Sender aber Negativschlagzeilen. Denn vor Wahl hatte bereits eine andere US-Amerikanerin Putin in coram publico auf die Hörner genommen: die Talkmasterin Abby Martin. Militärinterventionen, befand sie, „sind nie eine Lösung.“ Gekündigt hat Martin allerdings nicht. Ihre Kollegin Wahl hat dafür bei einem Interview für CNN noch härter ausgeteilt. Bei der Krim-Krise habe sich „die Natur der russischen Propaganda in ihrer ganzen Wucht gezeigt.“ Ihre russlandkritischen Fragen in einem Interview mit einem amerikanischen Militärexperten, so teilte sie mit, habe der Sender nachträglich beschnitten. Ihre Kündigung sei daher ein „Gebot der Professionalität“.

Genau die spricht Russia today ihr nun ab: Normalerweise sei es Usus, dass ein Journalist zuerst mit seinen Vorgesetzten spreche, wenn er mit der Linie seines Mediums nicht zufrieden sei, steht auf der Website des Senders.  Direkte Konsequenzen braucht Wahl jedenfalls nicht zu fürchten. Sie arbeitete im USA-Büro von Russia today – und nicht etwa in Moskau selbst, wo Reaktionen von Vorgesetzten womöglich auch einmal härter ausfallen.