Der SPD-Politiker Ulrich Maly, Oberbürgermeister von Nürnberg und eloquenter Redner, soll als Nachfolger von Christian Ude neuer Präsident des Deutschen Städtetags werden.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Lange vor der Erfindung regionaler Studios, als der Bayerische Rundfunk noch hauptsächlich mit der Bajuwarisierung Bayerns beschäftigt war, mussten die Leute in Franken ihren Dialekt selber hochhalten. Dem passenderweise auch in Nürnberg geborenen Oberbürgermeister Ulrich Maly ist deswegen in doppelter Hinsicht der Haushalt seiner Großeltern in Erinnerung, wo im Küchenradio – zu dem der Bayer, wie zur Butter, „der“ sagt – murmeltierähnlich grüßend jeden Morgen ein Mann aus München redete, welcher versprach, „auf dem Fensterbankerl“ die Temperatur zu prüfen: ein Wetterfrosch der frühen, sehr fröhlichen Sorte. Maly hingegen dachte schon damals, dass es ihm eigentlich eher Wurst sein könne, was in München für ein Wetter sei, störte sich aber vor allem am penetrant bemühten „Bankerl“. Fränkisch fühlend, empfand er es als „eine Form von Imperialismus“, wenn der Oberbayer so tat und tut, als ginge über ihn und sein Gewese gleich gar nichts mehr.

 

Jetzt fügt es sich, dass Ulrich Maly, nunmehr 52 Jahre alt und seit elf Jahren als Stadtoberhaupt in Nürnberg amtierend, am Donnerstag im Präsidium des Deutschen Städtetags einen Vorgänger namens Christian Ude ablöst, der als Schwabinger einiges Münchnerische, wiewohl wenig Oberbayerisches zu bieten hatte: er vermochte immer schon mühelos über den Tellerrand seines Landstrichs hinauszusehen. Öfter musste er da bekennen, dass es sich im Falle München um ein rechtes kommunales Luxusexemplar handele.

Demgegenüber ist Maly als Nürnberger Stadtkind aus anderem Holz geschnitzt. Als er über die Falken langsam in die SPD einrückte, begann vor Ort der stetige Niedergang von Industriezweigen, die der spätere Oberbürgermeister dann abwickeln musste: namentlich AEG und Quelle waren Synonyme für die Region.

Maly hat auch ein gewisses theatralisches Talent

Maly wusste indes ganz genau, worauf er sich einließ, als er 2002 gewählt wurde, hatte er sich doch nach dem Zivildienst fürs Studium der Volkswirtschaftslehre entschieden und mit einer Arbeit über „Wirtschaft und Umwelt in der Stadtentwicklungspolitik“ promoviert. Vor seiner Zeit als Oberbürgermeister arbeitete er dann als Kämmerer der Stadt Nürnberg und war unter anderem stark daran beteiligt, dass die Musik während der Fußball-WM 2006 auch im damaligen Frankenstadion spielte. Angesichts der bundesweit starken Konkurrenz nicht selbstverständlich.

Obwohl er jetzt bundesweit bekannter werden dürfte, hat Maly nie den Eindruck erweckt, dass er die Arbeit in der Kommune lediglich als Sprungbrett für höhere Aufgaben sehe. Ganz im Gegenteil pochte er stets darauf, in Nürnberg am allerbesten aufgehoben zu sein, auch wenn ihm die Landes-SPD, notorisch auf der Suche nach einem Zugpferd, Avancen machte. Von Nürnberg aus verfolgte Maly, wer sich in München alles verschliss im Kampf gegen die CSU – nun ist es gerade der Kollege Ude, den sie in München den Bürgerkönig nennen. Von solchen Etikettierungen ist Maly – zum Beispiel als Erfinder mobiler Bürgerkonferenzen – weit entfernt. Zeremonielles, auch Quasizeremonielles ist ihm fremd. Er ist ein Zupacker. Nicht von ungefähr sitzt er als Vertreter der deutschen Städte in der Islam-Konferenz: Integrationspolitik lebt auch in Nürnberg mit vielen Schwierigkeiten, aber sie lebt.

Maly hat eine Frau und zwei Kinder und neben einer ausgeprägten Italienliebe auch ein gewisses theatralisches Talent. Wenn er redet jedenfalls, wird es so schnell nicht langweilig. Weil man als Präsident des Deutschen Städtetags auch einmal in die Lage kommt, lobende Worte zur, sagen wir, Stadt Wolfsburg finden zu müssen, dürfte das durchaus von Vorteil sein.