Aus der Ideenschmiede von Daimler zum Start-up in Shanghai: Mit namhaften deutschen Partnern baut Hyperpark vollautomatische Tiefgaragen – inklusive Schnelllade-System.

Automobilwirtschaft/Maschinenbau: Matthias Schmidt (mas)

Tan Li ist Ingenieur bei Mercedes-AMG, als er 2019 seine Idee beim Daimler-Innovationswettbewerb präsentiert: kompakte Tiefgaragen, in denen 100 Autos nicht nur automatisch abgestellt, sondern auch geladen werden. Jetzt, vier Jahre später, kommt er gerade aus Gesprächen beim Bürgermeister von Shanghai. Mitte 2024 soll dort Baubeginn sein, Ende 2024 Inbetriebnahme.

 

Tan Li ist heute Geschäftsführer der Hyperpark Ltd., die am 13. Juli ins Handelsregister von Shanghai eingetragen wurde. „Neue Ideen auszuprobieren geht in China etwas leichter als in Deutschland“, sagt der 39-Jährige, der in Aachen Werkstofftechnologie studiert hat, zuletzt bei Porsche Consulting tätig war und deutscher Staatsbürger ist. Die Probleme, die er zu lösen verspricht, sind in den Millionenstädten Chinas vielleicht noch ein wenig dringender als anderswo. Zu viele Autos, zu wenig Platz, zu wenig Lademöglichkeiten für elektrische Antriebe.

Ein 68 Meter tiefer Schacht mit einem Durchmesser von nur zwölf Metern

Gemeinsam mit zwei deutschen Partnern will Li deshalb in die Tiefe gehen. Einer ist der Tunnelspezialist Herrenknecht aus Schwanau-Allmansweier bei Lahr, der andere der Stuttgarter Startup-Förderer SKV Invest. Dessen Mitgeschäftsführerin Susanne Hahn führt einige Projekte aus der früheren Daimler-Ideenschmiede Lab 1886, die sie geleitet hat, weiter. Herrenknecht, SKV und das Management-Team um Tan Li sind mit je einem Drittel an dem Joint Venture beteiligt. Weitere Investoren wären willkommen, Interesse zeigten unter anderem Autohersteller und Immobilienfirmen, so Hahn.

Das Konzept von Hyperpark basiert auf kreisrunden, 68 Meter tiefen Schächten, die von einer Herrenknecht-Maschine innerhalb von 30 Tagen in den Boden gegraben werden. Zwölf Meter Durchmesser und eine Gesamtfläche von 200 Quadratmetern reichen, um darin ein automatisches Parkregal für 100 Autos samt sechs Schnellladeplätzen unterzubringen. Das Ladekabel steckt ein Roboter ein. Wenn der Akku voll ist, wird der Ladeplatz fürs nächste Auto freigemacht.

Eines der Ziele ist, die Auslastung von Ladesäulen zu steigern

„In Shanghai zahlt man Strafgebühren für die Zeit, in der ein vollgeladenes Fahrzeug die Ladesäule blockiert. Das kann ziemlich nervenaufreibend sein“, sagt Li. Die durchschnittliche Auslastung von Ladepunkten liege dort dennoch bei weniger als zehn Prozent, mit Hyperpark ließe sie sich deutlich erhöhen. Ab 15 Prozent lohne sich die Investition bereits. Die Baukosten von umgerechnet rund 40 000 Euro pro Parkplatz inklusive Grundstück lägen etwa ein Drittel unter denen für ein konventionelles Parkhaus in Shanghai.

Der Idee nach wird das Auto am Eingang abgestellt, dann soll es maximal 70 Sekunden dauern, bis es von der automatischen Rangieranlage auf den Stellplatz gehievt ist. Um längere Staus am Eingang zu vermeiden, tüftelt Hyperpark an einer Zwischenebene, die einen noch schnelleren Umschlag ermöglicht.

Das erste Schachtparkhaus wurde bei einem Krankenhaus in Nanjing realisiert, allerdings noch ohne die Ladeinstallationen. In Shanghai sollen im kommenden Jahr zehn bis zwölf weitere Schächte an vier bis fünf Standorten folgen, so die Pläne von Hyperpark. Bis dahin soll das Unternehmen, das momentan inklusive der Herrenknecht-Spezialisten vor Ort 15 Mitarbeiter hat, auf eine Personalstärke von 30 anwachsen. Um nicht gänzlich von möglichen Schwankungen des lokalen Stromnetzes abhängig zu sein, will Hyperpark die Garagen auch mit Pufferspeichern ausstatten. Auch für Wasserstoff-Brennstoffzellen, die vor Ort Strom erzeugen können, sei man offen, sagt Li.

China soll dabei nur ein Startpunkt für die Geschäftsaktivitäten sein. Der Fokus liegt zunächst auf Asien, man habe mittelfristig aber die Expansion in andere Weltregionen im Blick, auch nach Europa, sagt Tan Li. „Der operative Erfolg in China wird als Beweis und Referenz für die zukünftige Implementierung in anderen Ländern dienen“, heißt es selbstbewusst in einer Pressemitteilung des Unternehmens.

Die Partner

Hyperpark
Das Joint Venture, an dem Herrenknecht, SKV Invest und das Hyperpark-Management-Team zu je einem Drittel beteiligt sind, baut automatisierte Tiefgaragen mit Lademöglichkeit.

Herrenknecht
Das Familienunternehmen aus Schwanau ist auf Tunnelbohrmaschinen spezialisiert. Mit rund 5000 Mitarbeitern, darunter 700 in China, erwirtschaftete Herrenknecht 2022 1,23 Milliarden Euro Umsatz. SKV Invest
Der Investor mit Sitz in Stuttgart begleitet Gründer nachhaltiger Geschäftsmodelle als „Managing Partner“. Geschäftsführer sind Susanne Hahn, Kai Siebert und Volker Gesmann.