Im Jahr 2010 schreckte ein Skandal um Futterfett die Verbraucher auf. Nun stehen zwei Manager vor Gericht, die trotz Warnung das Futterfett weiter bezogen und verarbeitet haben.

Stuttgart - Bei Dioxin denken viele an Eier. Das ist nicht verwunderlich, schließlich gab es öfter Meldungen, die die Verbraucher verunsichert haben. Der bislang größte Skandal um den Stoff nahm seinen Lauf im Futtermittel. Angefangen hatte im Dezember 2010 alles damit, dass bei Eigenkontrollen in einem Legehennenbetrieb im Landkreis Vechta erhöhte Dioxinwerte im Futter entdeckt worden waren.

 

Der Ursprung des Skandals lag aber tatsächlich ganz woanders: Vom Futtermittelhersteller Harles und Jentzsch in Schleswig-Holstein soll unerlaubterweise belastetes Futterfett an Mischfutterhersteller verkauft worden sein. Die Aufregung in der Bevölkerung war groß, denn das genaue Ausmaß war zunächst nicht abzusehen. Fast 5000 Bauernhöfe wurden bundesweit gesperrt, Zehntausende Schweine und Hühner mussten getötet werden. Neben den Verbrauchern traf der Skandal vor allem die Landwirte. Mehr als zwei Jahre später warten viele immer noch auf eine Entschädigung. Solange die Schuldfrage nicht geklärt ist, zahlen die Versicherungen des Futtermittelherstellers nicht.

Vom 10. April an stehen nun zwei Manager der landwirtschaftlichen Bezugsgenossenschaft Damme vor dem Amtsgericht Vechta: Sie haben besagtes Futterfett von dem Unternehmen in Schleswig-Holstein bezogen und weiterverarbeitet. Sie werden nun beschuldigt, die Produkte noch als dioxinfrei bezeichnet zu haben, als sie schon längst von der Belastung hätten wissen müssen, so der Vorwurf. Der Staatsanwaltschaft zufolge habe aufgrund des Vorgehens der beiden mindestens ein Betrieb das Futter unwissentlich an seine Tiere verfüttert. Es wird den Angaben zufolge das erste Verfahren in Niedersachsen nach dem Dioxinskandal sein.

Dioxine kommen prinzipiell überall in der Umwelt vor

Eine akute Gefahr für die Bevölkerung hat beim Futtermittelskandal nach Angaben des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nicht bestanden, geben die Experten bereits in einer Stellungnahme im Januar 2011 Entwarnung. Die Behörden der Bundesländer hätten zahlreiche Proben von Eiern, Fleisch, Milchprodukten und Futtermitteln genommen und auf ihre Dioxingehalte untersucht. Nur in wenigen Fällen lägen die gemessenen Gehalte bei Eiern, Fleisch, Legehennen und Schweinefleisch über den gesetzlichen Höchstgehalten, heißt es damals weiter. Bei Milch und Geflügelfleisch seien keine Überschreitungen festgestellt worden. Eine Gefährdung der Gesundheit sei nicht zu erwarten, so das BfR im Jahr 2011.

Dioxine kommen prinzipiell überall in der Umwelt vor, ein Übergang in die Nahrungskette lässt sich somit nicht ganz vermeiden. Landwirtschaftliche Nutztiere nehmen sie dem BfR zufolge über Bodenpartikel auf: beim Picken oder wenn die Partikel am Boden haften. Da sich Dioxine im Fettgewebe von Tieren anreichern, weisen sie dort höhere Gehalte auf als in pflanzlichen Lebensmitteln. Der Mensch nimmt Dioxin hauptsächlich über Lebensmittel wie Fleisch, Milch und Eier auf.

Dioxine gehören zur Gruppe der polychlorierten Dibenzodioxine und Dibenzofurane. Von ihrem chemischen Aufbau ähneln sie Kohlenstoffverbindungen, die Chlor enthalten. Sie können je nach Dosis für den Menschen durchaus gefährlich sein. Als Langzeitwirkung gehen Experten von Störungen des Immunsystems, schweren Erkrankungen der Haut, der Atemwege, der Schilddrüse oder auch des Verdauungstraktes aus.

Im Tierversuch wurden bei einigen der Substanzen auch Krebs erregende Wirkungen nachgewiesen. „Aus Gründen des Verbraucherschutzes sollte die Belastung mit Dioxinen daher weiter minimiert werden. Insofern sind unnötige und vermeidbare Belastungen nicht hinnehmbar“, heißt es in der Stellungnahme des BfR aus 2011.