Jens Lehmann ist vom Amtsgericht Starnberg zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Der Staatsanwalt attestiert dem früheren VfB-Torwart „hohe kriminelle Energie“.

Jens Lehmann muss tief in die Tasche greifen. Das Amtsgericht Starnberg hat den ehemaligen Torwart der Fußball-Nationalmannschaft wegen Beleidigung, Sachbeschädigung und versuchten Betrugs zu einer Geldstrafe von 210 Tagessätzen zu je 2000 Euro verurteilt. Das sind 420 000 Euro. Eine Haftstrafe zur Bewährung hat die Richterin Tanja Walter hingegen nicht verhängt. Staatsanwalt Stefan Kreutzer hatte zehn Monate gefordert und eine geringere Geldstrafe von 90 Tagessätzen.

 

Fehlschaltung im Gehirn

Dieser zweite und letzte Tag des „Kettensäge-Prozesses“ wird bestimmt durch eine Mischung aus dem schon bekannten Verhalten Lehmanns, das mitunter an absurdes Theater erinnert, sowie der auch moralisch schweren Vorwürfe durch den Staatsanwalt. Lehmann hat zwei Polizeibeamten, die seinen gesperrten Führerschein einziehen wollten, als „Lügner“ bezeichnet und zur Polizistin gesagt, sie habe eine „Fehlschaltung im Gehirn“. Auf dem Grundstück seines 92 Jahre alten Nachbarn in Berg am Starnberger See hat er mit einer Kettensäge einen Holzbalken des Garagendachaufbaus traktiert. Dieser erschien ihm als zu hoch. Schließlich hat der heute 54-jährige Lehmann zwei Mal die Parkgebühren am Münchner Flughafen geprellt – indem er sich mit seinem Porsche an ein ausfahrenden Auto dran hängte und so ohne bezahlten Parkschein durch die Schranke kam.

Staatsanwalt Kreutzer bezeichnet Lehmanns Handeln als „hochgradig verhaltensauffällig"“, bei den Taten in den Jahren 2021 und 2022 sei „in sehr kurzer Zeit sehr viel zusammengekommen“, er attestiert ihm „hohe kriminelle Energie“. Lehmann begehe „Straftaten quer durch das Strafgesetzbuch“. Außerdem seien die illegalen Parkhaus-Ausfahrten höchst gefährlich – wenn das vordere Auto etwa abrupt wegen eines Kindes hätte bremsen müssen und Lehmann das Fahrzeug dann weiter vorgeschoben hätte.

Er sieht sich als Opfer

Lehmanns Strafverteidiger Christoph Rückel gibt bei dieser Sachlage sein bestes. Bei den Polizisten habe Lehmann sich entschuldigt und angeboten, ein Fußball-Training für die Polizeijugend zu machen. Der Streit mit dem Nachbarn sei gütlich beigelegt. Und am Flughafen habe er „nicht den detaillierten Überblick“ gehabt, was gezahlt worden sei und was nicht, letztlich habe er nur schnell raus gewollt.

Richterin Walter attestierte Lehmann hingegen „hanebüchene Geschichten“. Der Ex-Profi des VfB Stuttgart selbst, gibt sich im Münchner Gerichtssaal vor allem als missverstandenes Opfer. Er werde durch die Medienberichterstattung äußerst negativ in die Öffentlichkeit gezerrt, beklagt er. Auch deshalb habe er nach dem Ende seiner Karriere als Fußballer im Jahr 2011 keinen richtigen Job mehr gefunden. Lehmann bezeichnet sich als „arbeitslosen Fußballtrainer“.

Als die Richterin ihn fragt, ob er verheiratet sei, kontert er: „Sind Sie verheiratet?“ Mithilfe seines Anwalts rechnet sich Lehmann arm, während die Staatsanwaltschaft von einem hohen Einkommen aus Immobilien und Firmenbeteiligungen ausgeht. Sie hat ermittelt, dass Lehmanns Ausgaben in 14 Monaten bei knapp einer Millionen Euro gelegen hätten. Dem schenkt Richterin Walter Glauben, weshalb der Tagessatz der Strafe mit 2000 Euro ziemlich hoch angesetzt ist.