Kornwestheim Im Obergeschoss der Galerie hängen die Werke des Holzschnittkünstlers zwei Wochen länger. Von Stefanie Köhler

Kornwestheim Im Obergeschoss der Galerie hängen die Werke des Holzschnittkünstlers zwei Wochen länger. Von Stefanie Köhler

Eigentlich wollte Museumsleiterin Dr. Irmgard Sedler die Ausstellung "Zwischen Himmel und Erde", die 170 Werke des Holzschnittkünstlers HAP Grieshaber zeigt, jetzt beenden. Deshalb lud sie zur Finissage mit Führung ein. Doch dann eröffnete Sedler den 25 Besuchern, dass die Werke im ersten Stock noch zwei Wochen länger zu sehen sind. Sie erwähnte es so beiläufig, dass es manche Frauen und Männer zuerst gar nicht mitbekamen. Schnell sprach die Neuigkeit sich herum. Und begeisterte. "Ach, toll", sagte eine Frau. "Dann werde ich auf jeden Fall nochmals kommen", murmelte ein Mann. Die Fläche im Obergeschoss, sagte Sedler, werde erst ab Mitte August wieder benötigt. Warum die Werke also nicht noch eine Weile zeigen?

 

Mehr als 4000 Menschen haben sich bisher Grieshabers Holzschnitte in der Kornwestheimer Galerie angeschaut. Ende des Jahres werden insgesamt 20 000 Besucher in der Galerie gewesen sein, schätzt Sedler. Sie wundert es nicht, dass die Ausstellung im Kleihues-Bau "sehr gut gelaufen ist". Die Besucher reisten aus Leipzig und Hamburg an, aber auch aus der Schweiz, aus Österreich, Frankreich und England. Sie alle wollten Grieshaber sehen, einen Künstler, dessen Werke "seine zutiefst gehende Menschenliebe und seinen Glauben, dass Kunst vor allem politisch etwas bewegen kann" ausstrahlen.

"Grieshaber war ein Vermittler von ethischen Werten, wozu er sowohl die Bilderwelt der Antike als auch die großen Legenden der christlichen Religion bemüht", erläuterte Sedler. Der Künstler habe in seinen Holzschnitten aktuelle, besonders politische, Ereignisse aufgegriffen. Er habe dann aber, so die Museumsleiterin, kein konkretes Thema dargestellt, sondern ein zeitloses und allgemeingültiges Bild verwendet. Religion und antike Mythen, sagte Sedler, seien ihm dabei die Ebenen gewesen, die es ihm erlaubt hätten, aus einem zeitaktuellen Bild ein Werk mit allgemeingültiger Bedeutung zu schaffen. Symbol hierfür sei hierbei immer wieder Pan gewesen. Das ist die antike Gottheit der Hirten und Wälder, die Grieshaber als sein Alter Ego verstanden habe. Besonders gefallen hat der Museumschefin der Teil der Ausstellung, bei dem Pan und die christliche Darstellungswelt, die beiden Mythenwelten, zusammengeführt werden - in Bildern wie "Pan in den Dornen", "Omega (Pelikan)", das christliche Symbol der Selbstaufgabe aus Nächstenliebe, oder "Rückkehr in die Freiheit. Ängste und Hoffnungen". Dieser Holzschnitt von 1980 war Grieshabers letzter. Er starb am 12. Mai 1981 in Eningen unter Achalm.

Auf viele Aspekte ging Irmgard Sedler in ihrer vorerst letzten Grieshaber-Führung ein. Sie erzählte fast eineinhalb Stunden von dem Mann, der nach dem Zweiten Weltkrieg den Holzschnitt revolutioniert habe. Grieshaber arbeitete großflächig, dekorativ, er abstrahierte und spielte mit Farben. So entstanden auch Varianten eines Motivs. Gerade in den Sechzigern und Siebzigern waren Grieshabers Arbeiten besonders populär.

Sedler sagt, dass es ein Vorteil war, Grieshabers Werke auf zwei Etagen zu verteilen. "Er hat viel in Zyklen gearbeitet. So war es möglich, die Werke locker nebeneinander aufzuhängen." So machte sie es zum Beispiel mit dem Zyklus "Kreuzweg der Versöhnung". Die 14 Bilder galten als das Herzstück der Ausstellung. Die Stadt hat sie vom Kornwestheimer Ehepaar Gisela und Franz Josef Dazert als Dauerleihgabe erhalten. Die beiden, sagt Sedler, hätten die Ausstellung öfter besucht. Sie hätten zwar keine Führungen gemacht, den Besuchern jedoch bei Fragen zur Verfügung gestanden. Obwohl der "Kreuzweg der Versöhnung" nicht wie andere Exponate zurück in die Sammlungen ihrer Eigentümer geht, verschwindet er erst einmal im Depot. Dort ist es dunkel und klimatisiert, und die Bilder können sich vom Licht erholen. Denn schon bald wird Sedler die Dauerleihgabe an andere Museen geben. "Ich habe bereits drei Anfragen erhalten."

Info Noch bis zum 14. August zeigt die Galerie im ersten Stock Werke von HAP Grieshaber. Zu sehen ist beispielsweise der Baumblüten-Zyklus oder "Wallfahrt nach Kevelar". Die Öffnungszeiten des Josef-Kleihues-Baus an der Stuttgarter Straße: Freitag bis Sonntag, jeweils 11 bis 18 Uhr.