Nach dem Horror-Unfall auf der B27 in der Silvesternacht, bei dem ein Vater uns sein Sohn ums Leben kamen, geben wir wichtige Verhaltenstipps für Unfallbeteiligte und Ersthelfer.

Stuttgart - Bei einem Horror-Unfall in der Silvesternacht kommen auf der Bundesstraße 27 ein Vater und sein zehnjähriger Sohn ums Leben. 15 weitere Unfallbeteiligte werden verletzt. Nicht der einizige schwere Unfall, denn jeden Monat ereignen sich auf den Straßen in Baden-Württemberg zehntausende Verkehrsunfälle. Egal, ob man selbst in einen Unfall involviert ist, als Erster an eine Unfallstelle kommt, oder im Stau hinter einem Unfall steht: das richtige Verhalten in den verschiedenen Situationen kann Leben retten.

 

Ich bin selbst in einen Unfall involviert: Was ist zu tun?

Die Polizei hat für Unfallbeteiligte einige Verhaltenstipps:

Nach einem Unfall sollte man die Warnblinkanlage anschalten und vorsichtig aus dem Auto steigen. Jede Person soll die Warnweste nutzen und sich schnell von der Straße an einen sicheren Ort begeben. Auf Autobahnen kann das der Bereich hinter den Leitplanken sein.

Unfallstelle absichern

Die Absicherung einer Unfallstelle sollte immer an erster Stelle stehen.

Hierfür muss ein Warndreieck und – wenn vorhanden – eine Warnleuchte in ausreichender Entfernung aufgestellt werden: Auf Landstraßen mindestens 100 Meter und auf Autobahnen mindestens 200 Meter hinter der Unfallstelle. Sind bei einem Unfall lediglich kleinere Sachschäden entstanden, rät die Polizei, mit dem verunfallten Auto rechts ranzufahren, um keinen Stau oder weitere Gefahrensituationen zu verursachen.

Notruf absetzen

Bei einem Verkehrsunfall mit Verletzten muss möglichst schnell 112 gewählt werden. Auf Details der Verletzungen kommt es dabei zunächst nicht an. Bei Notfallmeldungen hilft es, hält man sich an das „W“-Schema: Wer meldet? Wo ist der Unfall passiert? Was ist passiert? Wie viele Verletzte sind zu verosrgen? Welche Verletzungen haben die Betroffenen? Der Anrufer sollte nicht auflegen, sondern auf jeden Fall Rückfragen abwarten.

Erste Hilfe und Dokumentation des Unfalls

Wurden Menschen bei dem Unfall verletzt, muss Erste Hilfe geleistet werden. Die Hilfeleistung ist dabei rechtlich verpflichtend. Viele haben Angst etwas falsch zu machen, sagt Susanne Geist vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Stuttgart, dabei sei der schlimmste Fehler, gar nicht zu helfen. Weitere Verhaltenstipp für die Erste Hilfe am Unfallort lesen Sie auf der nächsten Seite.

Dokumentation für die Versicherung

Sind bei dem Unfall keine Personen verletzt worden und ist lediglich ein leichter Blechschaden entstanden, muss die Polizei nicht unbedingt gerufen werden. Ist die Schuldfrage nicht eindeutig geklärt, empfiehlt es sich, die Polizei zu rufen.

Die Versicherung muss immer informiert werden, wenn man in einen Unfall verwickelt ist. Für die spätere Abwicklung des Schadens ist es wichtig, sich nach dem Unfall Daten, wie das Kennzeichen und die Adresse der Unfallbeteiligten aufzuschreiben. Fotos vom Unfall und den beteiligten Autos und auch von den Papieren des Unfallgegners müssen gemacht werden.

Der Versicherer und die Vertragsnummer des Unfallverursachers sind auszutauschen und der genaue Ort und Zeitpunkt des Unfalls muss notiert werden. Anschließend müssen sich die Unfallbeteiligten umgehend bei ihren Versicherungen melden.

Regeln für Ersthelfer bei einem Unfall

Erste Hilfe zu leisten ist nicht nur eine moralische, sondern auch eine rechtliche Pflicht. Wer bei einem Unfall mit Verletzten einfach weiterfährt und nicht wenigstens den Notruf wählt, macht sich strafbar.

Viele Ersthelfer haben Angst etwas falsch zu machen, dabei ist der schlimmste Fehler gar nicht erst zu helfen. Als Ersthelfer gehe der Eigenschutz vor, sagt Susanne Geist vom DRK. Auch für Ersthelfer gelten deshalb die Regelungen: Warnblinkanlage einschalten, Warnweste anziehen und sich dem Unfall hinter der Leitplanke nähern.

Falls noch nicht von den Unfallbeteiligten erledigt, muss als erstes die Unfallstelle mit Warndreieck abgesichert werden. Der Notruf muss abgesetzt werden.

Verunglückte aus Gefahrenzone retten

Es kann vorkommen, dass Personen aus einem verunglückten Auto befreit werden müssen. Dabei darf die eigene Sicherheit nicht gefährdet werden. Ist der Betroffene eingeklemmt und kann nicht befreit werden, muss sofort Hilfe angefordert werden. Der Betroffene muss ständig beobachtet und betreut werden. Unter Umständen müssen lebensrettende Maßnahmen von außen geleistet werden.

Wenn ein Fahrzeug nach einem Unfall Benzin verliert, besteht akute Brandgefahr. Falls Helfer einen Feuerlöscher dabei haben, sollten sie ihn in diesem Fall bereit halten.

Wiederbelebung

Bei einem Bewusstlosen sollten Helfer sofort kontrollieren, ob der Verletzte noch atmet.

Atmet der Patient nicht, muss der Helfer schnell mit der Herz-Druck-Massage und der Beatmung beginnen. Dazu drückt er im Wechsel 30-mal auf den Brustkorb des Verletzten und beatmet ihn 2-mal über den Mund oder über die Nase.

Atmet der Patient noch, muss er in die stabile Seitenlage gebracht werden.

Blutungen stoppen

Bei der Versorgung von Wunden sollten sich Ersthelfer auf stark blutende Stellen konzentrieren, so das DRK. Handschuhe zu tragen und frisches Verbandzeug sind dabei sehr wichtig.

Verletzte Motorradfahrer versorgen und Schock lindern

Bei einem bewusstlosen Motorradfahrer muss der Helm abgenommen werden, denn der Fahrer kann darin ersticken.

Wenn möglich sollten zwei Personen bei der Helmabnahme zusammen arbeiten: Der erste Helfer stützt und stabilisiert mit zwei Händen den Kopf und Nackenbereich des Motorradfahrers. Der zweite Helfer zieht den Helm nach oben, wobei er die Helmkante über die Nase des Bewusstlosen zieht.

Anschließend muss die Atmung kontrolliert werden. Atmet das Unfallopfer nicht, muss mit wiederbelebenden Maßnahmen begonnen werden.

Schock erkennen und lindern

Bei Unfällen erleiden die Betroffenen oft auch einen Schock. Erste Anzeichen sind blasse Haut, starkes Zittern und Frieren und kalte, oft schweißnasse Haut. Hier hilft es, wenn der Ersthelfer die Beine der Person erhöht lagert. Aus den erhöhten Beinen fließt Blut zum Gehirn und zu den Organen.

Betroffene kühlen schnell aus – auch an heißen Tagen. Daher muss das Unfallopfer mit einer Decke oder der Rettungsfolie aus dem Verbandskasten zugedeckt werden. Die silberne Seite gehört nach unten. Anschließend die Unfallopfer beruhigen, betreuen und trösten, bis der Rettungsdienst eintrifft. Bewusstsein und Atmung bis dahin wiederholt überprüfen.

Stau nach Unfall: Rettungsgasse bilden

Entsteht durch einen Unfall ein Stau, müssen sich auch Unbeteiligte richtig verhalten. Sobald der Verkehr stockt oder es zu einem Stau kommt, müssen Verkehrsteilnehmer eine Rettungsgasse bilden, damit Rettungsdienste, Feuerwehr oder Polizei schnell an den Unfallort kommen.

Bei Straßen mit zwei Spuren in eine Richtung gilt, dass die Autos auf der linken Spur nach links fahren und die Autos auf der rechten Spur nach rechts. So entsteht in der Mitte eine Gasse für die Rettungsfahrzeuge.

Rettungsgasse bei Straßen mit mehr als zwei Spuren

Seit 2017 gibt es in der Straßenverkehrsordnung eine neue Regelung, die es vereinfachen soll auf Straßen oder Autobahnen mit mehr als zwei Spuren, diese Gasse zu bilden: Autos auf der linken Spur fahren nach links, alle Autos auf den restlichen Spuren fahren so weit wie möglich nach rechts. So entsteht die Rettungsgasse zwischen der linken Fahrbahn und den übrigen Spuren.

Wichtig: der Standsteifen sollte für Abschleppdienste immer frei bleiben.