Pascal Wehrlein und Valtteri Bottas sind wohl die Kandidaten, zwischen denen sich Mercedes für die Rosberg-Nachfolge entscheiden muss.

Stuttgart - Der Mercedes-Sportchef Toto Wolff spielt in diesem Jahr den Weihnachtsmann. Einen Rennfahrer wird er demnächst glücklich machen mit dem attraktivsten Platz, den die Formel 1 zu bieten hat. Es ist das Cockpit des Weltmeisters Nico Rosberg. „Dieses Auto ist wie ein Weihnachtsgeschenk“, sagt der Fernseh-Experte Christian Danner, „und vor diesem Geschenk läuft keiner weg.“ Das würde jeder Rennfahrer auch noch nach Heiligabend dankend annehmen.

 

Es sind nicht mehr viele Piloten übrig geblieben, die für die traumhafte Bescherung in Frage kommen. Etablierte Kräfte hat Mercedes bereits abgeklopft. Sebastian Vettel, Fernando Alonso und Romain Grosjean stecken in festen Verträgen. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, und Toto Wolff und der Team-Aufseher Niki Lauda einen Überraschungskandidaten aus dem Hut zaubern, spitzt sich die Fahrersuche der Silberpfeile mit größter Wahrscheinlichkeit auf die Frage zu: Valtteri Bottas oder Pascal Wehrlein? Für einen der beiden zieht Wolff wohl bald einen Vertrag für den Arbeitsplatz im Silberpfeil aus dem Sack.

Der Finne wäre ein renommierter Rennfahrer, ist ein Ziehkind von Wolff, der als Anteilseigner mit dem Williams-Team einst eng verbandelt war. Ein erfahrener, schneller Mann ist auch das, was Lewis Hamilton benötigt, um ans Limit zu gehen – die Konkurrenz zu Rosberg machte den Briten noch schneller. „Vor ein paar Jahren hätte ich nicht geglaubt, dass Hamilton einen Antreiber benötigt, aber zuletzt habe ich bei ihm auch schon Schwankungen registriert“, sagt der Formel-1-Kommentator und Ex-Rennfahrer Marc Surer. Außerdem würde Bottas im zweiten Mercedes-Cockpit ein für die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft notwendiges Niveau garantieren. Das ist umso wichtiger, weil die Teams durch die Regeländerungen 2017 mit stark modifizierten Autos starten. Auch für derlei neue Wege ist Erfahrung wichtig – und zwar enorm.

Eine Katastroiphe für Williams

„Für Williams wäre es eine Katastrophe, wenn er weg ist, das Team würde sein Zugpferd verlieren“, sagt Surer. Es ist auch kein Geheimnis, dass Mercedes den Rosberg-Nachfolger als Übergangslösung sieht und nur mit einem Einjahresvertrag bis Ende 2017 ausstatten will. Damit möchte der Rennstall die Tür offen halten für Großkaliber wie Vettel oder Alonso, die für die Saison 2018 nicht mehr vertraglich gebunden und damit frei sind. Ein Einjahresvertrag kommt für Bottas aber wohl nicht in Frage. „Es wäre ein Risiko für ihn, weil er hinterher vielleicht auf der Straße steht“, sagt Danner. Sollte Bottas, der erst 27 Jahre alt ist, gegen Hamilton schlecht aussehen, könnte seine Karriere früher beendet sein als ihm lieb ist. Ohnehin schielt er auf das im Jahr 2018 frei werdende Cockpit von Kimi Räikkönen bei Ferrari – da steht womöglich der finnische Wechsel bevor.

Der gebürtige Tuttlinger ist jung, schnell und ohnehin ein Mercedes-Eigengewächs. Wolff hält große Stücke auf ihn, und eine billige Lösung wäre er auch. „Das Einfachste ist sicher, ihn zu nehmen“, sagt Surer. Wehrlein würde seine Chance nach nur einem Lehr-Jahr im Manor-Team zwar etwas früh bekommen, aber das muss nichts heißen. „Bei Red Bull haben wir ja gesehen, dass es klappen kann, einen jungen Fahrer ins kalte Wasser zu werfen“, erzählt Surer und fände ein bisschen Mut zum Risiko ganz interessant. 2007 etwa setzte McLaren-Mercedes den Rookie Hamilton ins zweite Auto neben das des Doppel-Weltmeisters Fernando Alonso – beide hätten noch im letzten Rennen Weltmeister werden können. „Ich hoffe, dass Wehrlein das Cockpit kriegt, denn dann wissen wir, was er kann“, meint derweil der Experten-Kollege Danner. Außerdem würden dem noch unerfahrenen, 23 Jahre alten Wehrlein wahrscheinliche Niederlagen gegen Hamilton weniger schaden als etwa Bottas.

Perez fiel auf die Nase

Ganz sicher die Unerfahrenheit. Wäre Mercedes restlos von ihm überzeugt gewesen, hätten sich Wolff und Lauda wohl schon früher für ihn entschieden. Stattdessen wurde noch nach einen etablierten Mann Ausschau gehalten. Es gibt auch negative Beispiele mit jungen Piloten. Marc Surer erinnert da an den Mexikaner Sergio Perez. „Als er zu McLaren kam, war er sehr davon überzeugt, es mit Links zu machen – doch am Ende kam nichts dabei heraus.“ Wehrlein, so hört man, ist auf alle Fälle bereit für Weihnachten – und kann es kaum erwarten, das Geschenk von Wolff endlich auszupacken.