Ana Obregón ist ein Superstar des spanischen Boulevards. Jetzt hat die 68-Jährige von einer fremden Frau ein Kind ihres toten Sohnes austragen lassen.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Vor ein paar Tagen ist in Spanien ein Buch herausgekommen, dass bei Amazon gleich zur Nummer 1 aufstieg: „El chico de las musarañas“ (etwa: Der Junge mit den Spitzmäusen). Vom Titel lächeln, in inniger Umarmung, die Autoren: Aless Lequio und Ana Obregón. Die kennt in Spanien jeder. Aless Lequio ist seit drei Jahren tot, seine Mutter, Ana Obregón, sehr lebendig.

 

„Ich habe so, so viel von ihr zu lernen in Sachen Werbung“, schreibt neidvoll der Journalist und Buchautor Juan Soto Ivars. Doch vielleicht gibt es von Obregón auch gar nichts zu lernen. Die Frau ist eine Klasse für sich, Schauspielerin und Showstar, vor allem aber die Darstellerin ihres eigenen Lebens. Dem hat sie gerade ein beeindruckendes Kapitel hinzugefügt.

Leihmutterschaft sei Gewalt gegen Frauen, sagt die Ministerin

In der vorletzten Woche erschien die ¡Hola!, die Königin unter Spaniens Regenbogenblättern, mit einer Ana Obregón auf dem Titel, die in ihren Armen einen Säugling hielt. „Exklusiv: Ana Obregón, Mutter eines Mädchens“, stand dazu in großen Lettern.

Das war eine dolle Nachricht. Obregón ist 68. Etwas kleiner kam darunter die Erklärung: „Durch Leihmutterschaft in Miami.“ Dieser kurze Satz löste ein mediales Erdbeben aus. Eine Woche später kam die Steigerung, wieder auf der Titelseite der ¡Hola!: „Ana Obregón stellt uns ihre Enkelin vor, Ana Sandra, Tochter von Aless.“ Spaniens Erde zittert noch immer.

Bemerkenswert an einer Geschichte wie dieser ist, wie viele Menschen offenbar das Bedürfnis haben, dazu ihre Meinung zu sagen: im Fernsehen, in den Zeitungsspalten, im Internet sowieso. Die Meinung der meisten geht eher dahin, dass Obregón etwas Unrechtes getan habe. Leihmutterschaft sei Gewalt gegen Frauen, sagte etwa die Gleichheitsministerin Irene Montero.

Der Sohn starb vor drei Jahren an Krebs

Der Ministerpräsident von Valencia, Ximo Puig, fand, dass jede Reflexion über das Thema eine Unmöglichkeit sei: „Es kann keine Debatte darüber geben, ob Sklaverei möglich ist oder nicht oder ob die Kommerzialisierung des Körpers einer Frau möglich ist oder nicht.“ Der liberale Kolumnist Juan Ramón Rallo hielt mit einer Frage dagegen: „Wem schadet die Leihmutterschaft?“ Niemandem, argumentiert er, auch der austragenden Frau nicht. Die konservative Volkspartei, die ebenso wie alle linken Parteien immer gegen die Leihmutterschaft war, überlegt sich jetzt, ob sie in Spanien nicht doch legalisiert werden sollte, allerdings nur die altruistische, also unbezahlte.

Obregón wird geahnt haben, welche Wellen ihre Entscheidung schlagen würde. Sie ist ganz Profi, hat aber auch ein Herz. „Niemand wird mir die Freude verderben, die Tochter meines Aless auf die Welt gebracht zu haben“, sagt sie. Aless Lequio starb vor drei Jahren, mit 27, an einem seltenen Krebs. Er hinterließ das Sperma, mit dem seine Mutter vor gut neun Monaten in Miami eine Eizelle befruchten ließ.

Die biologische Oma ist rechtlich die Mutter

Wer die gespendet hat, mag der Knüller für ein nächstes ¡Hola!-Cover sein, vielleicht war die Spende aber auch anonym. Ana Obregón ist jetzt die biologische Großmutter der kleinen Ana Sandra, rechtlich aber – wenn nichts schief geht – deren Mutter. In Spanien ist die Leihmutterschaft verboten, aber wer ein auf diese Weise im Ausland zur Welt gebrachtes Kind aufzieht, wird vor dem Gesetz wie andere Väter oder Mütter auch behandelt.

„Mein Sohn wollte fünf Kinder haben“, erzählt Ana Obregón. „Vielleicht wird eines Tages noch ein Junge kommen.“ Sollen die anderen sagen, was sie wollen. Sie wird ihr nächstes Buch verkaufen.