Der kreisweite Auftakt der Aktion Stadtradeln lockt viele Pedaleure in die Fellbacher City. Beim neuesten Rems-Murr-Pilotprojekt, der Sommerstraße, gibt’s bis Ende August Sitzmöbel und Tänze statt Autos und Parkplätzen. Und bei der Tour Ginkgo wurden 170 000 Euro an Spenden gesammelt.

Die Stadt Fellbach liegt zwar als westlichster Vorposten des Rems-Murr-Kreises direkt an Stuttgart-Bad Cannstatt – am Sonntag allerdings stand die Stadt am Fuße des Kappelbergs aus mehreren Gründen im Zentrum des Landkreises, zumindest im übertragenen Sinne. Zum einen fand der 2. Fellbacher Radkulturtag statt, mit einen stark nachgefragten kostenlosen Radcheck, Infoständen von Verkehrs- und Fahrradclubs und einem Slalomkurs für E-Bike-Fahrer. Verknüpft wurde dies alles mit dem kreisweiten Auftakt der Aktion Stadtradeln. Zum zweiten wurde die neue Sommerstraße eröffnet – „Fellbach flaniert“ lautet das Motto, das so ähnlich bald auch in anderen Städten und Gemeinden umgesetzt werden soll.

 

Baudezernentin radelt im blauen „Fellbach-go!“-Trikot

Kurz vor 12 Uhr surrten die Räder, als der von Baudezernentin Beatrice Soltys im blauen „Fellbach go!“-Trikot angeführte Radtross in den Rathausinnenhof rollte. Mit dabei der Rest der Benefiz-Aktion Tour Ginkgo, die an drei Tagen von Fellbach aus die Region erobert hatte. Nicht die Radlerklamotten übergestreift hatten die drei Redner der Eröffnung, aus unterschiedlichen Gründen: Fellbachs Oberbürgermeisterin Gabriele Zull befindet sich noch in der Rekonvaleszenz nach ihrem Unfall in den Pfingstferien – ausgerechnet mit dem Fahrrad, „aber nicht auf dem E-Bike“, wie sie augenzwinkernd jüngsten Gerüchten entgegentrat.

Der Rems-Murr-Landrat wiederum hatte am Sonntagvormittag kurz zuvor einen Termin in Urbach, und in der knappen halben Stunde hätte selbst der versierte Pedaleur Richard Sigel die Strecke nach Fellbach nicht geschafft. Noch deutlich weiter war die Distanz für Ingo Koßmann: Er ist Direktor der in Bergisch Gladbach nahe Köln ansässigen Bundesanstalt für Straßenwesen – der englische Ausdruck, auf der Rückseite seines Visitenkärtchens abgedruckt, liest sich noch beeindruckender: „Federal Highway Research Institute.“ Dieses Institut war wichtiger Ratgeber, damit die Sommerstraße in Fellbach diverse verkehrsrechtliche Hindernisse überwinden konnte.

„Mehr Rad als heute geht nicht“

Die Oberbürgermeisterin war jedenfalls überzeugt: „Mehr Rad als heute geht nicht!“ An der am Sonntag offiziell gestarteten Aktion Stadtradeln, bei der man aufs Auto verzichtet und stattdessen auf dem Drahtesel oder E-Bike bis 22. Juli Fahrradkilometer sammelt und so etwas für den Klimaschutz tut, nehmen nach Sigels Angaben mittlerweile 29 der 31 Kommunen im Rems-Murr-Kreis teil, „seit dem letzten Mal sind somit vier weitere hinzugekommen, bald sind wir vollzählig“, sagte der Landrat begeistert.

Erstmals in diesem Jahr gibt es als gesonderten Wettbewerb das Schulradeln. Dabei treten ausschließlich Schulen aus ganz Baden-Württemberg sowie aus dem Rems-Murr-Kreis an und machen unter sich aus, welche Schule am radaktivsten ist. Als Zusatzpreis für die beste Rems-Murr-Schule versprach Sigel noch einen Eiswagen, der zum Schuljahresende mit eiskalten Köstlichkeiten aufwartet.

Tour Ginkgo mit sensationeller Spendenbilanz

Bevor’s dann die 50 Meter durchs Rathaus-Südtor hinaus und ums Eck in die Kirchhofstraße ging, durfte Christiane Eichenhofer, deren Stiftung die Tour Ginkgo organisiert, die sensationelle Bilanz verkünden: Schon beim Auftakt frühmorgens in Fellbach waren 20 000 Euro an Spenden zusammengekommen, am Samstagabend lag die Summe dann bei 170 000 Euro. Das gesammelte Geld geht an die Initiative „Olgäle sorgt nach“, bei der schwerkranke Kinder und deren Familien auf ihrem Weg nach Hause unterstützt werden. „Dass wir so viel Geld zusammenbekommen, hätte ich mir gerade in diesen Zeiten mit Wirtschaftskrise, Ukrainekrieg und Erdbeben nie träumen lassen“, erläuterte Eichenhofer auf Nachfrage.

Das Projekt Sommerstraße hat der Landrat übrigens beim letzten Skandinavien-Urlaub in Stockholm entdeckt und „jetzt von Schweden, vom hohen Norden hierher in den Westen des Landkreises“ gelotst. Acht Wochen lang wird die westliche Kirchhofstraße auf 120 Metern zwischen Kulturamt und Musikschule zur autofreien Zone umgewidmet, um „ein neues Leben des öffentlichen Raumes zu ermöglichen“, wie es heißt.

Der Bereich soll zum Verweilen einladen, ist bis 27. August mit Bänken und Liegesitzen zum Fläzen ausgestattet und hat zahlreiche Pflanzkübel erhalten. Ein vom Kulturamt koordiniertes Programm bietet vorwiegend mittwochs und donnerstags zahlreiche Workshops, ein Quiz des Jugendgemeinderats zur Kommunalpolitik, einen Bücher- und einen Abendflohmarkt sowie ab 12. Juli im Zweiwochenrhythmus immer mittwochs einen Tango-Abend – wir erinnern uns: Eins, zwei, Wiegeschritt!