Seit oberhalb von Fellbach am 11. April ein Polizeieinsatz mit lautstarken Lautsprecherdurchsagen Rastende am Kernenturm verscheucht hat, ist dort der Kiosk mit To-Go-Verkauf geschlossen geblieben: Der Pächter hat Angst vor angedrohten Strafbefehlen.

Fellbach - Blauer Himmel, Sonnenschein, Vögel zwitschern, in etwas Entfernung hämmert ein Specht: sechs Ausflügler weilen großräumig verteilt und maximal in Zweiergrüppchen am Rand des Areals beim Kernenturm. Alle im Rentneralter, die meisten geimpft – sogar in Coronazeiten also ein idealer Aufenthaltsort fernab von Ansteckungsgefahren, sollte man meinen. Trotzdem dürften sie da nicht sein, zumindest wenn es nach der Auffassung des Fellbacher Ordnungsamts geht, seufzt Maik Zachwieja. Seit rund fünf Jahren ist er der Betreiber des kleinen Kiosks am Kernenturm oberhalb von Kernen und Stetten nahe des Kappelbergs. Und er erwägt ernsthaft, den Kiosk bis auf Weiteres komplett geschlossen zu lassen.

 

Nach Polizeieinsatz endet der Verkauf

Schon am vorvergangenen Wochenende hatte er nach einem sonntäglichen Einsatz der Polizei am Nachmittag vorsorglich den Verkaufsbetrieb eingestellt. Und auch am vergangenen Wochenende hat es zum Leidwesen derjenigen, die sich zur Wanderung zum derzeit natürlich ebenfalls geschlossenen Kernenturm aufgemacht hatten, am höchsten Punkt der Wanderung auf immerhin 513 Meter über dem Meer keinen Imbiss und kein Getränk am Kiosk gegeben.

Am Donnerstag dieser Woche habe er nun den Kiosk quasi testweise wieder bis 17 Uhr geöffnet, sagt Zachwieja, „weil ich weiß, dass da nicht sehr viele kommen“. Ansonsten sei er sich noch nicht sicher, wie er weitermachen solle. Ob am Wochenende der Kiosk öffnet? Momentan unklar. Es stehe noch eine Strafandrohung durch eine Beamtin des Ordnungsamtes im Raum. Momentan, so Zachwieja, warte er dringend auf den Anruf jener Beamtin, der ihm bestätige, dass diese Drohung aus der Welt, die Absperrungen nun ordnungsgemäß und vor allem der Vorschlag, doch eine Security anzustellen, vom Tisch sei. Letzteres sei finanziell unmöglich, und auch im laufenden Betrieb könne er doch nicht jeden Atem schöpfenden Wanderer persönlich weiter schubsen. Klar sei auch, sagt der eher sorgenvoll-ängstlich denn wütend oder unwillig wirkende Kioskbetreiber: „Einen Strafbefehl über 5000 Euro kann ich mir einfach nicht leisten.“

Augenzeugen halten die Polizeiaktion für übertrieben

Zum Anlass der Ungewissheiten am Kernenturm, dem Polizeieinsatz am 11. April, gibt es auch einige Stimmen, die diesen für absolut überzogen halten. Klaus Kleber etwa hat eine geharnischte E-Mail an die Stadt geschickt. Er sei an besagtem Nachmittag dort gewesen und habe festgestellt, dass „sich die meisten Gäste Jung und Alt im geforderten Abstand von 50 Metern vom Kiosk aufhielten, viele verkrochen sich im Unterholz, weil die Sitzmöglichkeiten ja rar waren“. Andernorts, etwa in Rotenberg, hätten Leute direkt neben der liefernden Gaststätte Pommes frites und Flammkuchen verzehrt, „und Maik durfte am Kernenturm nicht einmal grillen“. Der Vorwurf: hier werde, siehe auch Essensverkauf am Ebnisee oder Trubel vor Fellbacher Eisdielen, mit zweierlei Maß gemessen. „Die Aktion der Polizei ist nach unserer Meinung reine Willkür gegen den Betreiber des Kiosks am Kernenturm.“

Der Polizeieinsatz am vorvergangenen Sonntag sei sehr zurückhaltend gewesen, betont dagegen Peter Bigalk, der Leiter des Amtes für Öffentliche Ordnung der Stadt Fellbach, auf Nachfrage unserer Zeitung. Und es sei in keiner Weise darum gegangen, dem Betreiber des Kiosks am Kernenturm womöglich den Betrieb im To-Go-Modus vergällen zu wollen oder diesen zu untersagen. Die mahnende und Regeln einfordernde Lautsprecherdurchsage gelte hier allenthalben als eines der dezentesten Mittel, um Anwesende zur Einhaltung der Coronavorgaben anzuhalten. Ansonsten sei seines Wissens auch von keinen Strafandrohungen die Rede gewesen. „Die zeitweilige Einstellung des Hinaus-Verkaufs“ so Bigalk, sei allein die Entscheidung des offenbar verunsicherten Kioskverantwortlichen gewesen.

Laut seiner Informationen sei dort oben auch alles an Tischen und zugehörigen Bänken, die direkter am Kiosk zum Verweilen einladen könnten, ordnungsgemäß abgesperrt. Und letztlich hoffe man auch seitens der Stadt, dass an jenem touristisch natürlich herausragenden Fellbacher Wanderziel weiter alles – natürlich im Rahmen der Möglichkeiten und Erfordernisse der leidigen Pandemiezeit – im Sinne aller weiterlaufen könne.