Andreas Marquardt war ein brutaler Kerl , ein rücksichtsloser Ausbeuter der Schwächeren. Aber er hat sein Leben radikal verändert. Rosa von Praunheim porträtiert diesen Mann in einer Mischung aus Dokumentar- und Spielfilm.

Stuttgart - „Komm, Andy, du musst in die Badewanne. Danach rubbelt dich die Mama schön ab!“ Dieser Satz läutet für den sechsjährigen Andreas kein liebevolles Ritual ein, sondern den allabendlichen sexuellen Missbrauch durch die eigene Mutter. Heute ist Andreas Marquardt ein bulliger Mann Mitte Fünfzig, der eloquent und reflektiert redet.

 

Schonungslos offen erzählt der Champion und Trainer asiatischer Kampfkunst in Rosa von Praunheims semi-dokumentarischem Spielfilm „Härte“ von seinem Leben mit der Gewalt. Aus dem wehrlosen Kind, dem der Vater aus einer Laune heraus die Hand brach, wird ein junger Mann, der Frauen in die Prostitution zwingt, sie ausbeutet und brutal zusammenschlägt.

Die Mechanismen durchbrechen

Praunheim verwebt Interviewszenen, in denen Marquardt und dessen Lebensgefährtin Marion vor die Kamera treten, mit auf das Nötigste reduzierten Spielszenen. Obwohl die elterliche Wohnung und Andys Lieblingsbar wie im Theater nur durch einzelne Einrichtungsgegenstände und Fototapeten angedeutet werden, geben die stilisierten Schwarz-weiß Bilder eindrücklich die piefig-tristen Lebensumstände wieder.

Die Darsteller, allen voran Katy Karrenbauer als Mutter, meistern bravourös den Balanceakt, sich in reale Personen hineinzuversetzen, ohne deren Biografien reißerisch auszuschlachten. Nach und nach ergeben die Versatzstücke ein erschreckend logisches Bild, wie aus dem Opfer ein Täter werden konnte. Marquardt versucht nicht, sich von seiner Verantwortung freizusprechen. Es geht ihm darum, andere für die Mechanismen der Gewalt zu sensibilisieren und dabei Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man sie durchbrechen kann. Wie schön es ist, wenn der Schmerz endlich nachlässt, steht ihm am Ende ins Gesicht geschrieben.

Härte. Deutschland 2015. Regie: Rosa von Praunheim. Mit Hanno Koffler, Katy Karrenbauer. 89 Minuten. Ab 16 Jahren.