Kongolesische Jugendliche lernen beim Fellbacher Spanntechnikhersteller AMF viel über Technik, deutsche Ausbildungen und Nachhaltigkeit. Nicht nur der technische Standard beeindruckt.

Volontäre: Luisa Rombach (lur)

Zwischen Fellbach und Kinshasa liegen exakt 8090 Kilometer. Den langen Weg aus der Hauptstadt des Kongo haben vier Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren auf sich genommen, um sich im Rems-Murr-Kreis mit deutschen Gleichaltrigen über verschiedenste Themen auszutauschen, allen voran Umweltschutz und Plastikmüll. Auch Betriebsbesichtigungen stehen bei dem einmonatigen Besuch auf dem Plan, unter anderem beim Traditionsunternehmen Andreas Maier Fellbach (AMF).

 

Ein Blick hinter die Kulissen des Traditionsunternehmens

Bei diesem Termin bekam die Delegation bei einem Blick hinter die Kulissen eine Einführung in die Herstellung von Teilen für die Spann- und Automatisierungstechnik. Vom Werkzeugbau und der Ausbildungsabteilung über die Schlossmontage und einen Stanzautomaten bis zum Wareneingang und dem Showroom durften sich die kongolesischen Gäste alles genau ansehen.

Außerdem gaben der bei AMF in Fellbach für die Auszubildenden zuständige Peter Andrianos und der in seinem dritten Lehrjahr stehende Leandro Garrido den Gästen einen Einblick in die Firmengeschichte. Hauptsächlich als Spannmittelhersteller bekannt, begann das Unternehmen 1890 als Schlosserei, und das erfolgreich, wie Andrianos erläuterte: „Unser Gründer Andreas Maier belieferte den württembergischen König mit seinen Schlössern.“

Der öffentliche Personennahverkehr ist ein Vorbild

Auf besonderes Interesse bei den jungen Besuchern stieß jedoch das Ausbildungssystem des Unternehmens, das neben Ausbildungen zu vier Berufen auch drei duale Studiengänge anbietet und in der Regel eine Übernahme anbietet. Außerdem zeigten sie sich beeindruckt von hohen technischen Standards und exakt getakteten Abläufen. Boniface Abata, eine der Begleitpersonen der Jugendlichen und Vorsitzender der kongolesischen Partnerorganisation ONEP, erklärte: „Durch Technik kann man sehr viel erreichen und ein Land nach vorne bringen.“ So beeindrucke ihn besonders die enge Taktung des öffentlichen Personennahverkehrs, da es in der demokratischen Republik Kongo mitunter sehr zeitaufwendig sei, von einem Ort zum anderen zu gelangen.

Die Reise vom Kongo nach Deutschland wurde durch mehrere Förderprogramme wie etwa dem Jugendfonds Rems-Murr ermöglicht. Der Fellbacher Verein Ndwenga arbeitet bereits seit mehreren Jahren mit der Partnerorganisation ONEP zusammen. Nun haben sie die Zusammenarbeit im Rahmen des von der Europäischen Union geförderten Mindchangers-Projekts verstärkt. Dabei geht es darum, jungen Menschen die 17 Nachhaltigkeitsziele der EU näherzubringen. Angesichts der globalen Herausforderung, die der Klimawandel darstellt, und des Leids, das besonders Plastikflaschen im Kongo anrichten, ist das Thema auch für die Besucher relevant. In ihrem Heimatland kommt es regelmäßig zu Todesfällen durch Überschwemmungen, verursacht durch Plastikflaschen, die die Kanalisation bei Regen verstopfen. Durch den Austausch mit Ländern wie Deutschland sollen idealerweise Lösungsansätze gefunden werden.

Für die kongolesischen Jugendlichen ist der Besuch als Perspektivwechsel gedacht. Nun steht für sie aber etwas Erholung an und ihr erstes deutsches Weihnachten auf dem Programm, bevor es am 27. Dezember zurück in ihre Heimat geht.