CDU-Vizechefin Klöckner will schärfere Maßnahmen der Bundesregierung zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen - parallel zum internationalen Kurs der Kanzlerin. CSU und Merkel-Kritiker jubeln. Vorerst.

Berlin - In der CDU werden Pläne für nationale Schritte zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen angesichts wachsenden Drucks auf Kanzlerin Angela Merkel konkreter. Ein Vorstoß von CDU-Vize Julia Klöckner für tagesaktuelle Kontingente und die Einrichtung von Grenzzentren zur Verteilung und Zurückweisung von Flüchtlingen bekam am Wochenende breite Rückendeckung in der Union. Mit Generalsekretär Peter Tauber äußerte sich ein wichtiger Vertrauter Merkels positiv. Zustimmung kam aber auch aus der CSU und von unionsinternen Kritikern Merkels. Die Grünen attackierten Klöckner.

 

Die Bundesregierung rechnet nicht mit einem raschen Rückgang der Flüchtlingszahlen. „Eine nachhaltige und deutliche Entspannung des Zustroms in das Bundesgebiet ist derzeit nicht absehbar“, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums der dpa in Berlin.

„Wir dürfen die Reduzierung der Flüchtlingszahlen nicht allein vom guten Willen anderer Regierungen in Europa abhängig machen“, sagte Klöckner der Funke Mediengruppe und der „Rhein-Zeitung“. Nur wer eine Bleibeperspektive habe, solle innerhalb Deutschlands weiterverteilt werden. „Wer keine hat, muss direkt an der Grenze abgewiesen oder von dort zurückgeführt werden“, sagte sie der Funke Mediengruppe.

Klöckner: Merkels Plan A nach wie vor richtig

In dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden zweiseitigen Papier Klöckners mit dem Titel „Plan A2“ heißt es, Merkels „Plan A“ einer europäischen Lösung der Flüchtlingskrise sei nach wie vor richtig. „Gleichzeitig müssen wir jetzt innenpolitisch und in den bilateralen Beziehungen zu Nachbar- und Transitländern einen Schritt weiter gehen.“ Aus Parteikreisen in Mainz hieß es, die CDU-Zentrale sei vorab über das Papier informiert worden. Zuerst hatten die „Rhein-Zeitung“ und die Funke Mediengruppe über den Plan berichtet.

Nach Klöckners Vorstellungen soll die Aufnahme von Flüchtlingen nur noch über Zentren an den deutschen Grenzen oder Hotspots und Registrierungszentren außerhalb Deutschlands möglich sein. Jene könnten gemeinsam mit Partnerländern wie Österreich, Italien, Griechenland und der Türkei betrieben werden. Unter anderem schlägt sie auch von Deutschland errichtete Registrierungszentren im syrisch- und irakischen Grenzgebiet der Türkei vor.

Klöckner ist Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am 13. März. Ihr Papier dürfte auch dazu dienen, die zuletzt zurückgegangenen Zustimmungswerte zu stabilisieren.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte der dpa: „Wir müssen neben den internationalen Anstrengungen auch auf nationaler Ebene laufend Strukturen so anpassen, dass wir besser steuern, ordnen und somit die Flüchtlingszahlen weiter spürbar reduzieren können.“

Cem Özdemir (Grüne): Obskurer Wahlkampf

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer lobte Klöckners Vorstoß. „Die Skepsis gegenüber schnellen und wirksamen europäischen Maßnahmen steigt immens. Richtig so“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Montag) und Spiegel Online. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte der Funke Mediengruppe, der Vorschlag gehe in die richtige Richtung. Er ergänze die Anstrengungen zur Begrenzung und Reduzierung der Flüchtlingszahlen in Deutschland und Europa.

Auch von CDU-internen Kritikern Merkels kam Zustimmung. Der Chef der Unions-Mittelständler, Carsten Linnemann, sagte der dpa: „Es ist völlig egal, ob der Plan nun B oder A2 heißt. Hauptsache, wir gehen jetzt endlich dazu über, nationale Maßnahmen zu ergreifen.“ Auch der Vorsitzende des Unions-Parlamentskreises Mittelstand, Christian von Stetten (CDU), sagte: „Die Forderungen von Julia Klöckner gehen in die richtige Richtung. Es darf jetzt keine Denkverbote geben.“

Von Stetten gehört zu den Initiatoren eines Briefes an Merkel, in dem 44 Unionsabgeordnete eine Änderung der Zuwanderungspraxis verlangen. Das Schreiben dürften an diesem Dienstag in der Unionsfraktion eine Rolle spielen.

Grünen-Chef Cem Özdemir warf Klöckner in den Zeitungen der Funke Mediengruppe „eine obskure Form von Landtagswahlkampf“ vor, wenn sie bei sinkenden Umfragewerten versuche, gegen ihre eigene unionsgeführte Bundesregierung zu punkten.