Der Deutsche Tischtennis-Bundes (DTTB) und der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) fordern erneut ein Dopinggesetz – das auch den dopenden Sportler strafrechtlich belangt. Die Spitze des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ist dagegen.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Stuttgart - Das zurückliegende Wochenende war für den Teamspieler Thomas Weikert äußerst erfolgreich. Drei von vier möglichen Punkten holte die zweite Mannschaft des TTC Elz in der Hessenliga, auch wenn der Präsident des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) nach längerer Verletzungspause beim 9:5 gegen den TTC RW Biebrich II am Samstag seine beiden Einzel unglücklich verloren hat. „Erst fehlte das Glück, und dann kam auch noch Pech dazu“, steht im Spielbericht.

 

An diesem Samstag nun wird der 52-Jährige seinen Mannschaftskameraden im Auswärtsspiel beim TV 1894 Braunfels fehlen. Die Nummer drei des TTC Elz ist sportpolitisch verhindert. Er hat ein schweres Auswärtsspiel in Wiesbaden zu bestreiten. Vielleicht das wichtigste seiner Funktionärskarriere auf Bundesebene. Weikert gegen die Meinung des DOSB.

In Wiesbaden trifft sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) zu seiner Mitgliederversammlung, und Thomas Weikerts DTTB hat für den Samstag einen Antrag gestellt: Der Tischtennisverband macht sich für ein Antidopinggesetz stark und fordert, auch den dopenden Sportler strafrechtlich zu belangen. Und genau das will die DOSB-Spitze partout nicht. Ein ähnlicher Antrag des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) mit dem Präsidenten Clemens Prokop an der Spitze war vor einem Jahr auf der Mitgliederversammlung in Stuttgart untergegangen – mit 25:459 Stimmen.

Thomas Weikert bleibt mit seinem Antrag standhaft

Nun, 2013, versucht es also der DTTB – in enger Abstimmung mit dem DLV. Hinter den Kulissen wurde in den zurückliegenden Wochen eifrig telefoniert. Es wurde teils massiv, so hört man, Druck auf Weikert und Co. aufgebaut, sich doch bitte mit dem DOSB im Vorfeld zu einigen – doch der 52-Jährige blieb standhaft und will seinen Antrag weder zurückziehen noch im Sinne der DOSB-Räson modifizieren: „Wir werden im Grundsatz keinen Kompromiss machen“, sagt Weikert, der im DOSB Sprecher der Abteilung Ballspielsportarten ist.

Der organisierte Sport ist in Zugzwang geraten, nachdem sich auch die Politik, bisher von den Sportlobbyisten auf Linie gehalten, etwas emanzipiert hat und die Besitzstrafbarkeit und ein entsprechendes Gesetz zumindest in den Koalitionsvertrag aufgenommen hat. Der DOSB ist ein Getriebener in seinem ureigensten Feld, überholt und abgehängt von der Entwicklung.

„Die Politik ist uns mittlerweile voraus, dabei sollte der Sport der Vorreiter sein. Wir müssen schauen, wenigstens wieder auf Augenhöhe zu kommen“, sagt Weikert. Ein Signal soll von Wiesbaden ausgehen, eine Art PR für den Sport. Der steht seit einiger Zeit in dem Verdacht, den Antidopingkampf nicht mit Vehemenz zu führen. Weikert drückt das so aus: „Der Sport ist in der Defensive. Es ist der Eindruck entstanden, dass wir nichts gegen Doping tun.“ Auch wenn das so nicht stimme.

Die Front im Deutschen Olympischen Sportbund bröckelt

Es werden von Seiten der Gegner durchaus Sachargumente in die Debatte eingebracht, in diese auch unter Juristen umstrittene und sehr komplexe Thematik der Strafbarkeit des dopenden Athleten. Nicht nur der ehemalige DOSB-Chef und heutige IOC-Präsident Thomas Bach, zu dessen Nachfolger am Samstag der Skiverbands-Präsident Alfons Hörmann gewählt werden wird, hat immer wieder die Sorge formuliert, dass ein Antidopinggesetz die Sportgerichtsbarkeit unterlaufen könnte. Auch andere wie der Turnerpräsident Rainer Brechtken teilen diese Sorge. Doch innerhalb des DOSB ist die Front im Vergleich zu 2012 nicht mehr so massiv.

„Kaum ist Bach weg. . .“, sagt ein deutscher Spitzenfunktionär in Anspielung auf den Aufstieg des Tauberbischofsheimers und Gegners eines Antidopinggesetzes. Im Fußball würde man sagen, dass die Mannschaft wie befreit aufspielt. Ganz so ist es in der Funktionärsauswahl nicht, aber es ist dennoch erstaunlich, wie sich Stimmungen nach dem Wechsel an der Spitze verändern. War das Ansinnen des DLV vor einem Jahr noch offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg, scheint dies für morgen nicht zu gelten. „Ich sehe gute Chancen, dass unser Antrag durchgeht“, sagt Thomas Weikert. Auch der Deutsche Handballbund (DHB) hat seine Unterstützung signalisiert.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der DTTB auf die Hinterbeine stellt und Stellung gegen den DOSB bezieht, was selten ist in der zumindest nach außen so sehr auf Konsens getrimmten Sportfamilie. Während der Olympischen Spiele kritisierte der Verband heftig die Förderkriterien der Dachorganisation und zog sich entsprechenden Unmut zu. Und schon auf dem DOSB-Tag in Stuttgart vor einem Jahr hatte Weikert Partei für den Antrag des DLV ergriffen – und wurde abgewatscht.

Es gab damals hinter vorgehaltener Hand auch Kritik an den beiden Verbänden. Man greife populistisch die öffentliche Meinung auf, um sich profilieren zu wollen. Thomas Weikert sagt dagegen: „Die Politik des DOSB ist falsch gewesen.“