Erstaunlich konkurrenzfähig: Das Team Sauber zählt zu den Überraschungen der Formel-1-Saison 2012. Sergio Perez wurde einmal Zweiter und einmal Dritter – und der Chef Peter Sauber ist im Glück.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Es liegt wohl daran, dass die Schweizer Fußballer nicht bei der Europameisterschaft dabei sind. Die EM-Beiträge fallen bei den Eidgenossen jedenfalls eher dürftig aus. So wird die Schweizer Eiskunstläuferin Sarah Meier in einem Interview auffallend suggestiv gefragt, ob Portugals Fußballikone Cristiano Ronaldo denn eine Tussi sei. „Ja, das kann man so sagen“, antwortet Meier und wird noch konkreter: „Ich mag es nicht, wenn Männer sieben Stunden vor dem Spiegel stehen.“

 

In diesen aus Schweizer Sicht eher traurigen, weil fußballlosen Tagen bleibt deshalb nur der Blick auf den Tennishelden Roger Federer, denn auch die Skifahrer haben Sommerpause. Alternativ macht den Schwyzern zurzeit deshalb wohl nur noch der Mexikaner Sergio Perez Freude. Zwar hegen die Mittelamerikaner und Eidgenossen keine auffällig ausgeprägten Beziehungen, doch immerhin ist Perez ein beim Sauber-Team in Hinwil angestellter Rennfahrer.

Seit 1993 dabei, aber noch kein Sieg

Sein Chef heißt Peter Sauber, den man durchaus als Schweizer Formel-1-Urgestein titulieren kann. Seit 1993 mischt der 68-Jährige in Bernie Ecclestones elitärer Serie mit. Sauber strahlt etwas onkelhaft Freundliches aus, ab und zu steckt er sich eine dicke Zigarre an – am liebsten, wenn es etwas zu feiern gibt. Der Gründer und Mitinhaber des nach ihm benannten Teams ist neben dem knorrigen Briten Frank Williams der letzte echte Werkstattbetreiber im Sammelsurium der großen Formel-1-Konzerne, die ihre Autos vor allem aus Marketinggründen im Kreis herumfahren lassen. Deshalb fühlen sich Sauber und Williams regelmäßig benachteiligt in der Gilde der Branchengrößen, die über ein sehr viel größeres Budget verfügen. Doch diese Saison läuft die Sache anders. Ganz anders.

In diesem Jahr bekommt Sauber das Dauergrinsen nur schwer aus dem Gesicht. Es läuft blendend für die Schweizer und ihre britischen Kollegen – dem Reifenpoker sei Dank. Der Williams-Pilot Pastor Maldonado gewann den Grand Prix in Spanien, der Sauber-Mann Sergio Perez wurde in Malaysia Zweiter und zuletzt in Kanada Dritter. Hätte jemand Peter Sauber vor der Saison solche Ergebnisse vorhergesagt, er hätte den Hellseher für verrückt erklärt.

Nun wird er gefragt, ob er sogar einen Sieg für möglich halte, es wäre der erste für das Team überhaupt. „Vor der Saison hätte mir diese Frage wohl gar niemand gestellt. Aber jetzt, nach sieben Rennen mit sieben unterschiedlichen Siegern, scheint vieles möglich“, sagt der Teamchef mit dem Verweis darauf, dass Perez in Malaysia schon sehr nah dran gewesen sei an einem Erfolg.

Diese abwechslungsreiche Saison mit ihren kunterbunt besetzten Podestplätzen spielt Sauber, der sich jahrelang mit durchschnittlich begabten Piloten wie etwa Nick Heidfeld nur um ein paar WM-Punkte mühte, in die Hand. Endlich ist alles gut, endlich haben auch die Kleinen eine Chance. Diese Saison ist Peter Saubers Saison.

Das Durcheinander nervt die Experten

Manche Experten nervt das Durcheinander gewaltig. Sie wollen beständige Leistungen sehen, um später über Seriensieger wie Sebastian Vettel, Lewis Hamilton und Fernando Alonso Heldengeschichten zu verfassen – also so, wie es fast immer war. Peter Sauber winkt ab. „Aus meiner Sicht sind das ein paar wenige Leute im Fahrerlager, die sich nicht darauf einstellen können, am Freitag noch nicht zu wissen, wer am Sonntag gewinnt. Ich denke, die Fans sehen das anders“, sagt der Schweizer, der selbst ein großer Fan der neuen Unberechenbarkeit ist. „Ich bin jetzt seit 20 Jahren in der Formel 1 und fand sie nie spannender und besser. Das ist mit ein Verdienst von Pirelli, die uns die Reifen für diese Show liefern“, sagt Peter Sauber und ist vom Konzept 2012 völlig überzeugt.

Was ist für die Überraschungstruppe am Sonntag in Valencia drin? Ein Sieg? Eher nicht. Ein Pilot wie Michael Schumacher hätte den in diesem Jahr extrem konkurrenzfähigen Sauber C31-Ferrari sicher schon auf Platz eins gebracht, heißt es hinter den Kulissen. Zum Karriereabschluss als Wahl-Schweizer noch ein paar Runden für die Schweiz zu drehen – das wäre es doch! In Saubers Sportwagenteam fing Schumachers Karriere im Prinzip ja an.

Im Gegensatz zum Rekordchampion werden Perez, der als Bezahlfahrer einige Millionen des milliardenschweren Unternehmers Carlos Slim in die Sauber-Ehe mitbringt, und dem Japaner Kamui Kobayashi das Format abgesprochen, ein Rennen zu gewinnen – und dies sei wieder einmal Peter Saubers Problem.