Seit mehr als 30 Jahren versucht die Hamas vom Gazastreifen aus, den Staat Israel zu vernichten. Wie ist sie entstanden, wer sind ihrer Anhänger und wer ihre Führer?

Seite Drei: Dieter Fuchs (fu)

Nicht zum ersten Mal zieht die Hamas, von Israel einst als Wohltätigkeitsorganisation selbst genehmigt, den großen Nachbarn in einen Krieg. Den jüdischen Staat zu vernichten war immer ihr Ziel.

 

Wie ist die Hamas entstanden?

Bereits 1978 wurde im Gazastreifen die Wohltätigkeitsorganisation „Islamische Vereinigung“ gegründet. Die damalige Besatzungsmacht Israel stimmte dem zu in der Hoffnung, eine neue Palästinenservertretung zu schaffen als Konkurrenz zur damaligen PLO. Allerdings wurde schnell klar, dass diese neue Vereinigung, die 1987 erstmals als „Hamas“ auftrat und ihren Deckmantel abstreifte, noch radikaler war als die PLO, die damals Terroranschläge gegen Israel verübte. Die Hamas, eine Abkürzung für „Islamischer Widerstand“, entstand im gleichen Umfeld wie etwa zur gleichen Zeit die Terrororganisation Al-Kaida. Auch ihre Ziele und Methoden ähneln sich: Die Vorherrschaft eines radikalen Islamismus, die Wiedererrichtung von dschihadistischen Staaten mit allen Mitteln. Al-Kaida tauchte in den Untergrund ab. Die Hamas ging einen anderen Weg. Ihr soziales Engagement im Gazastreifen verhalf ihr zu wachsender Popularität. Sie bildete im Gazastreifen politische Strukturen aus, letztlich eine Partei und einen militärischen Arm, also mehrere militärähnliche Organisationen mit jeweils mehreren tausend Bewaffneten. Seit ihrer Gründung verübten alle militärischen Organisationen der Hamas Terroranschläge auf israelische Bürger und Verbrechen gegen politische Gegner in den eigenen Reihen. Ziel der Hamas war es von Anfang an, den jüdischen Staat Israel zu vernichten und stattdessen eine Art islamisches Kalifat Palästina zu errichten.

Zur Ideologie der Hamas gehört es, möglichst viele Kinder zu radikalisieren. Foto: EPA/Mohammed Saber

Vertreter der Palästinenser

Obwohl die Hamas auch die Demokratie grundsätzlich ablehnt, nahm sie 2006 zur Legitimierung ihrer Macht an Wahlen in den Palästinensergebieten teil, also im Westjordanland und im Gazastreifen. Sie gewann die absolute Mehrheit. Die Fatah, grob gesagt die Nachfolgeorganisation der PLO, bis dahin die unangefochtene Palästinenservertretung und Regierung, verlor. Die Fatah/PLO hatte in den 90er Jahren dem Terror abgeschworen. Weil die internationale Gemeinschaft die Terrororganisation Hamas als Vertreter der Palästinenser ablehnte, bildeten Fatah und Hamas eine Einheitsregierung der Palästinenser. Bald kam es zu einem Machtkampf, der in einem bewaffneten Konflikt mündete. Die Fatah mit Präsident Mahmud Abbas behielt das Westjordanland als Machtbereich, die Hamas herrschte von da an alleine im Gazastreifen. Allerdings sind beide Gebiete keine anerkannten, funktionierenden Staaten. Beide sind von internationaler Hilfe abhängig. Seitdem gab es keine Wahlen mehr. Die Hamas verweigert dies, was als Putsch gewertet werden kann. Deshalb ist auch nicht ganz klar, wie groß ihre Anhängerschaft mittlerweile ist.

Der politische Führer Ismail Hanija (links), mit dem Führer von Gaza-Stadt Foto: dpa/Wissam Nassar

Die Anführer

Mehrere politische und militärische Führer wurden bereits von israelischen Kräften gezielt getötet. Seither bemüht sich die Hamas, die Führungsaufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen und nicht immer offen zu legen. Mit den Führungsfiguren haben teilweise auch die Unterstützerstaaten gewechselt. Im Mai 2017 wählte die Schura der Hamas, eine Art oberstes Gremium, Ismail Hanija, bisher Stellvertreter von Chalid Maschal, zum neuen Vorsitzenden ihres politischen Büros. Der in der Bevölkerung wohl beliebteste Hamas-Führer ist Mohammed Deif, der Chef der Kassam-Brigaden, die stärkste Einheit des militärischen Arms. Alle bekannten Anführer der Hamas befürworten Terroranschläge gegen Israel. Folglich gilt die Hamas insgesamt in den meisten Teilen der Welt als Terrororganisation. Der deutsche Bundesgerichtshof zum Beispiel entschied 2004, die Hamas sei eine einheitliche Organisation, deren humanitäre Aktivitäten nicht von den terroristischen und politischen getrennt werden könnten.

Die Unterstützer

Syrien war bis zum Bürgerkrieg dort lange Zeit ein Finanzier und sicherer Hafen für die Hamas. Das galt ebenso für Ägypten bis 2013. Auch Saudi-Arabien galt bis vor einigen Jahren als Unterstützer, genauso wie Katar. Beide haben ihren politischen Kurs seither geändert. Der Iran ist an ihre Stelle getreten und hat unterschiedlichen US-Medien zufolge auch eine große Rolle gespielt in der Vorbereitung für den aktuellen Angriff. Privat organisierte Vereine sammeln zusätzlich weltweit Spenden für die Hamas ein.

Hamas in Deutschland

In Deutschland ist sie nicht verboten, weil sie keine Vereinsstruktur unterhält. Gegen sie könnte aber ein Betätigungsverbot ausgesprochen werden. Das wird derzeit diskutiert. Seit einer Gesetzesänderung 2021 dürfen die Flagge und Symbole der Hamas in Deutschland nicht mehr gezeigt werden. Der Bundestag hatte vor zwei Jahren im Strafgesetzbuch festgeschrieben, dass Propagandamittel von Organisationen verboten sind, die - wie die Hamas - auf der EU-Terrorliste stehen. Es gibt mehrere als Vereine organisierte Gruppen, die Spenden für die Hamas sammeln. Einige wurden bereits verboten, bei anderen steht dies zur Diskussion.